Queer-Springer SSV

Schachsportverein
für Schwule & Lesben

Vereinsausflug 2012: Kablow-Ziegelei

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L - wie Lesbenburger:

Wir hatten es wirklich versucht, aber es war beim besten Willen nicht möglich, alle Grillvorräte am Samstag abend zu vertilgen. So standen am Sonntag morgen neben der Marmelade des Jahres (Erdbeer mit einem Hauch von Orange), weißem Zuckeraufstrich mit einer Spur (0,1%) Vanille und Kokos-Nougat-Zeug auch ein paar gegrillte Schnitzel auf dem Frühstückstisch. Sonja griff zu und kreierte aus Brötchen, Schnitzel und Barbecue-Sauce unter peinlicher Vermeidung jeglichen Gemüses den sogenannten Lesbenburger®. Mmmmhmmmm!

M - wie Mäxchen:

Hier muss ich mich zunächst als technischer Totalblödi outen. Ei-Pott? Smartphone? Handy? Keine Ahnung, ich nenn das im folgenden der Einfachheit halber mal "Telefon".
Und wenn man nun nachts, so gegen Mitternacht, an einem Brandenburger See auf der Terrasse sitzt und einen Blick nach oben wirft, sieht man neben vögeln schlafenden Eichhörnchen etwas weiter oben einen atemberaubenden Sternenhimmel. Früher hätte dann einer der anwesenden angefangen, die Sternbilder aus dem Handgelenk zu benennen und alle hätten es ihm geglaubt. Heute ist das nicht mehr nötig. Stattdessen nimmt man sein Telefon, hält es zum Vergleich neben den Himmel und bekommt auf Zehntel-Lichtjahre genau angezeigt, welcher Stern wie heißt, wie groß er ist und wie weit weg. Nicht schlecht!
Nachdem am Samstag schon einige ins Bett gegangen waren und uns nach den vielen Kartenspielen ein bisschen nach Abwechslung zumute war, schlug Stephan vor, Mäxchen zu spielen. Wir hatten keine Würfel und keinen Becher, aber das Telefon! Stephan zauberte eine Äpp aufs Telefon und auf dem Display erschien nun ein schüttelbarer Würfelbecher und zwei Würfel. Beim Mäxchen musste der Verlierer ein Gläschen hochprozentiges Zeug schlucken. Aus diesem Spiel hielt ich mich raus und beobachtete mit Sorge, dass Justin deutlich zu viele Runden verlor. Zum Glück war in der Flasche nur noch wenig drin und wir gingen schnell zum Skat über, das ich dann aus irgendeinem Grund gewann.

N - wie Nachbarn:

Wir hatten welche! Nach der Vorberichterstattung waren wir davon ausgegangen, dass wir in einem einsamen Haus im Wald, fernab jeder Zivilisation wohnen würden. Tatsächlich lag das Haus in einer kleinen, beschaulichen Waldsiedlung. Mit Nachbarn links und rechts, die den ganzen Tag entweder grillten oder rasenmähten. Aber sie waren geduldig. Obwohl wir nachts mit Musik auf der Terrasse zockten, gab es keinerlei Beschwerden, nur ein bisschen uffta-uffta-Musik am nächsten Morgen um halb neun als liebevolle Revanche.

O - wie Olaf:

Olaf hatte sich für Samstag als Tagesbesucher angekündigt. Er wollte auch mit dem Rad kommen. Aber er kam nicht. Hatte er etwa auch den Weg durch den Wald riskiert (siehe A)? Oder war es ihm am Samstag einfach zu heiß für eine Radtour? :-(

P - wie Poker:

Als bei der Vorbereitung des Ausflugs gefordert wurde, auch einen Pokerkoffer mitzunehmen, hielt ich das für einen Scherz. Tatsächlich stellte sich aber heraus, dass ein beträchtlicher Teil der Anwesenden - offenbar als Ausgleich zum Glücksspiel Schach - dem Strategiespiel Poker zugeneigt war. Höchst professionell wurde die Runde von Björn als Dealer geleitet. Ich glaube, Sonja war als erstes Pleite. Sie spielte viel zu solide (zumindest für mich als Kiebitz, der Dramen sehen wollte). [Korrektur: Sonja schied erst als Dritte aus. Sorry, da hab ich ihr Unrecht getan!] Kühl kalkulierend und offensichtlich mit statistischem Wissen ging Lea an die Sache ran und belegte den zweiten Platz. Gewonnen hat aber dann der, der vorher noch behauptet hatte, dass er das Spiel gar nicht beherrschte. Kommt euch das von irgendwoher bekannt vor? Richtig, es war Martin. ;-)

Q - wie Quecksilber:

Das chemische Experiment mit den Gummibärchen musste ja leider verschoben werden (siehe "Frühstück"). Beim Aufräumen des Hauses kurz vor der Abreise wollte Björn es aber noch mal schnell wissen. Er wollte etwas über Quecksilber erfahren, das er durch geschicktes Zerbrechen einer Energiesparlampe freisetzte. Naja, wir wollten sowieso gerade aufbrechen ...

R - wie Rasmus:

Nachdem bei den letzten Ausflügen das Mitnehmen eines Hundes nicht möglich war, konnten wir diesmal wieder einen Vierbeiner in unserer Gruppe begrüßen. Am Anfang war der Arme noch etwas behindert durch einen riesigen Kopfschutztrichter (?), den er wegen einer frisch überstandenen Zahn-OP tragen musste und mit dem er ständig an irgendwas anstieß. Er führte quasi die Hundeversion von "Der 90. Geburtstag" auf. Später konnte er das störende Ding aber ablegen und den Urlaub genießen und sogar mit in den See springen. Ich glaube, ihm hat der Ausflug auch Spaß gemacht.

S - wie Sülze:

Nun zu einem nicht so schönen Thema: Schweinskopfsülze!
Beim ersten Abendessen am Freitag wurden auch drei Gläser mit Sülze aufgetischt, an denen sich die Geister und Geschmäcker schieden. Die einen konnten sich ein Frühstück ohne Sülze gar nicht vorstellen, während die anderen schon den Anblick nur schwer ertrugen. Es wurde überlegt, ob das Frühstück in zwei Schichten, einer Sülze-Schicht und einer sülzelosen Schicht eingenommen werden sollte. Mysteriöserweise tauchte dieses leckere Zeug nach dem Freitag abend aber nie wieder auf. Was ist aus der Sülze geworden? Ich weiß es nicht.

T - wie Trinken:

Wir sind ja nun eigentlich kein Trinker-Verein bei den ganzen Antialkoholikern unter uns (von denen einer auch die Einkäufe plante ...) Aber ein Kasten Bier musste dann doch schon mitgenommen werden. Überraschenderweise reichte der Kasten aber schon für den ersten Abend nicht aus, so dass am Samstag Nachschub aus Königs-Wusterhausen herangeschafft werden musste. Es war halt sehr warm und die Nächte lang.
Und natürlich gab es auch bei den Getränken eine reiche Auswahl. Bier und Wein für den Abend, eine ganze Saftbar und Kaffee für den Tag, und Lea hatte auch noch etwas beizusteuern (siehe W)
Den Kaffee konnten wir genießen, weil gottseidank an Filtertüten gedacht wurde - und zwar offensichtlich gleich von mehreren Leuten, denn wir hatten ungefähr 3000 Kaffeefilter im Haus. Und dank Sonjas Umsicht bestand auch an Toilettenpapier kein Mangel.

U - wie UFO:

Ein rosanes Plastikschwein stand plötzlich auf dem Tisch im Wohnzimmer. Meistens spielte es Musik, aber hin und wieder empfing es auch Signale außerirdischer Zivilisationen, die wir wohlwollend zur Kenntnis nahmen. Zu einer UFO-Landung auf unserer Seewiese kam es an diesem Wochenende aber nicht.

V - wie Vergessen:

Wenn ein Schachverein einen Ausflug macht, hat er typischerweise auch Schachbretter dabei, um seinem Hobby frönen zu können. Wir nicht. Aus irgendeinem Grund war tatsächlich kein einziges Schachspiel da. Auch die Nachzüglerin Lea schaffte es am Samstag nicht, noch am Mann-O-Meter vorbeizufahren und Spielmaterial einzupacken. In einer Spielesammlung entdeckten wir zwar noch ein Schach- (bzw. hier wohl Dame-)Brett, aber keine Figuren. Die Idee, aus dem Teig übrigebliebener Brötchen Figuren zu formen, wurde schnell wieder verworfen und stattdessen etwas anderes gespielt (siehe K und P).
So sind wir wohl einer der wenigen Schachvereine, die einen Vereinsausflug machen, um kein Schach zu spielen.

W - wie Wunschpunsch:

Lea kam erst am Samstag zu uns, zwar ohne Schachbretter, auf die wir zu diesem Zeitpunkt noch gehofft hatten, dafür aber mit einer mobilen Bar in ihrem Necessaire. So bekam jeder, der wollte, am Samstag seinen persönlichen Cocktail von ihr gemixt - fruchtig-sanft oder erdig-hart oder irgendwas dazwischen, kein Wunsch blieb unerfüllt. Aber wer weiß, was sie uns in Wahrheit in die Cocktails gemischt hat und was das alles mit ihrem Erfolg beim Pokern zu tun hatte ...

XY - wie xy ... ungelöst:

Während wir unten am Steg die Sonne genossen, fuhr auf dem See das ein oder andere Boot an uns vorbei, mal mit Motor, mal ohne. Darunter auch ein Traumboot für Sonja, das von einer älteren Dame über den See gepaddelt wurde. Es entstand der Plan zu einem perfekten Verbrechen. Die erste Vorbeifahrt der Frau löste noch keine konkrete Aktion aus. Als sie jedoch auf dem Rückweg wieder an uns vorbeifuhr, reagierte Sonja in Sekundenschnelle. Sie hechtete von ihrem Liegestuhl direkt ins Wasser, schwamm auf die Frau zu, überwältigte sie in spektatkulärem Kampf und übernahm das Boot. Die Frau wurde unter dem Steg verwahrt und sollte erst in frühestens dreißig Jahren wiedergefunden werden.
So war der Plan. Als sich Sonja dem Kanu haifischartig näherte, die Frau im Kanu jedoch keinerlei Reaktion zeigte, verlor Sonja schnell das Interesse und drehte ab. Kampflos wollte sie das Boot nicht haben.

Z - wie Zurück:

Leider geht alles immer auch irgendwann zu Ende und die schönen Dinge sogar besonders schnell. So war auch das Ausflugswochenende viel zu schnell wieder vorbei. Zwar hatten wir am Sonntag keinen Hausabgabe-Stress und blieben noch den ganzen Nachmittag dort, bis die Sonne an diesem heißesten Tag des Jahres anfing, nachzulassen. Aber irgendwann, so gegen 17 Uhr mussten wir doch aufbrechen. Für die Radfahrer stellte sich die existenzielle Frage, ob sie sich noch einmal dem Wald anvertrauen (siehe A) oder sich mit dem kürzeren Weg nach Königs-Wusterhausen begnügen wollten.
Dennis war der einzige, den es noch einmal durch den Wald zog. Nachdem ich ihm meine auf dem Hinweg notierten Markierungspunkte (Stromleitungen und die Baumaschine, die das Wochenende über hoffentlich nicht bewegt worden war!) auf der Karte zeigte, machte er sich todesmutig auf den Weg. Bis jetzt haben wir allerdings noch nichts wieder von ihm gehört.
Justin, Björn und ich fuhren zusammen nach Königs-Wusterhausen. Die S-Bahn, mit der es von dort nach Berlin gehen sollte, fiel zunächst mal aus, doch schon nach 30 Minuten Warten in der brütenden Hitze ging es los. Aber nur bis Schöneweide, bzw. Treptower Park. Da anscheinend ganz Berlin an diesem Sonntag zum Radausflug unterwegs war, war die S-Bahn voll mit Fahrrädern, so dass niemand an sein Rad rankam und praktisch alle bis Treptower Park fahren mussten. Dort trennten sich dann unsere Wege. Björn fuhr weiter Richtung Norden, Justin mit der Ringbahn nach Westen und ich mit dem Rad der untergehenden Sonne entgegen nach Neukölln, ganz furchtbar melancholisch, wie immer, wenn etwas Wunderschönes viel zu schnell zu Ende ging. Aus dem Himmel klang "Black Flowers" von Yo La Tengo zu mir herab.

Text: Marc • Fotos: Stephan