5. Runde - 12.10.2009
Shanana, sha-nanana, shana na na...
Mit diesen entspannten Klängen im Kopf ritt ich auf einem schwarzen Pferd in den Sonnenuntergang in Richtung Westend.
Serge Gainsbourg - La Javanaise
Wahrscheinlich ist es ein eher schlechtes Zeichen, wenn man schon im dritten Zug nicht mehr weiß, wie die
Eröffnung eigentlich heißt, in die der Gegner einen gerade verstrickt.
Und darüber, dass der Gegner für seine ersten 9 Züge noch nicht einmal eine Minute Bedenkzeit braucht, weil er
seine Züge schon ausgeführt hat, bevor ich überhaupt die Uhr gedrückt hab, rege ich mich jetzt mal gar nicht auf.
Wie meine Partie ausgegangen ist, kann sich der regelmäßige Leser jetzt sicher denken.
Soviel dazu.
Bei einer kurzen Visite an Wanjas Brett fiel mir auf, dass ich mich in seinen Stellungen inzwischen heimischer fühle als in meinen eigenen. Während ich aus irgendeinem Grund das Gefühl hab,
das Spiel jedesmal komplett neu erfinden zu müssen, hat er immer ähnliche Stellungsbilder auf dem Brett. Bewundernswert!
Er hatte heute die undankbare Aufgabe, gegen einen alten Freund spielen zu müssen. Allerdings war er zuversichtlich, weil er gegen ihn noch nie
verloren hatte; und diese Serie setzte sich heute fort.
Sein Gegner (mit Weiß) machte, trotz häuslicher Vorbereitung, einen strategischen Abtauschfehler, wonach er nicht mehr zur Rochade kam. Infolgedessen konnte
sich Wanja über den steckengebliebenen Monarchen genüsslich hermachen.
Am interesantesten war diesmal Sonjas Partie. Obwohl sie, wenn ich es richtig verstanden hab, keinen großen Plan von der vom Gegner gewählten
Eröffnung hatte, baute sie sich sehr zweckmäßig, natürlich und vielversprechend auf. Einen f-Doppelbauern nahm sie freiwillig in Kauf, um dem schwarzen König
über die geöffnete g-Linie zu Leibe zu rücken.
Den folgenden Moment fand ich besonders interessant:
Nach 19(?). -, Sd5
Als Zuschauer hätte ich gerne den Einschlag 20. Lxh6 gesehen, und annehmen darf Schwarz das Opfer wohl wirklich nicht, wie wir nach der
Partie feststellten. Aber wenn Schwarz den Läufer stehenlässt und am Damenflügel Gegenspiel sucht, ist die Sache doch weit weniger klar
als ich dachte.
Sonja zeigte sich allerdings besonnen, verzichtete auf spekulative Opfer und erkämpfte sich im weiteren Verlauf einen Mehrbauern. Jedoch machten ungleichfarbige Läufer
dessen Verwertung schwierig, und während Wanja und ich noch mein Werk betrauerten, kam sie schließlich zu uns und meldete ein Remis.
Damit sind 5 von 7 Runden erledigt. Wanja kann mit seiner 3-Punkte-Beute wohl vollauf zufrieden sein, Sonja dürfte mit derzeit 1,5 zumindest im Soll liegen, und für mich verstärkt sich momentan der Eindruck, auf einer Art Abschiedstournee zu sein. Schlimmer kann es kaum werden und so kann ich mir im kommenden Endspurt sicher ein paar lustige Harakiri-Verzweiflungstaten erlauben, und Chaostage auf dem Brett entfachen. Auf irgendwas muss man sich ja freuen.
[MarcR]