4. Runde - 5.10.2009
Das Queerspringer-Trio war heute nur ein Duo. Sonja durfte/ musste zu Hause bleiben und den Abend spielfrei gestalten.
Wanja bekam an Brett 13 meinen Gegner aus der letzten Runde zugelost, während ich es an Brett 21 mit einem außerordentlich sympathischen älteren Herrn zu tun hatte. Wir durften beide mit Weiß spielen.
Doch bevor es losgeht, hier noch schnell mein innerer Soundtrack des Abends:
In der Eröffnung erwischte ich einen guten Start. Nach 8 Zügen sah es so aus:
Nach 8. 0-0
Schwarz hat einen isolierten Bauern, Weiß ist gut entwickelt. Die Partie ist praktisch entschieden; Weiß gewinnt.
So dachte ich zumindest.
Was macht Weiß in so einer Situation? Richtig! Er tauscht alles ab, was nicht niet- und nagelfest ist und erobert dann den Bauern.
13 Züge später: Weiß ist schon ein gutes Stück weiter.
Auch hier fühlte ich mich noch sehr wohl. Wir lavierten hin und her; ich versuchte, weiter zu vereinfachen, stellte jedoch irgendwann fest, dass ich keinen Schritt voran gekommen war. Frustration begann mich zu bekriechen.
Ich verlagerte dann das Geschehen ein bisschen in Richtung Königsflügel. Mein Gegner hatte 200 DWZ-Punkte weniger als ich; irgendwann musste er einfach einen Fehler machen. Ich musste nur geduldig weiterspielen.
Ich überlegte viel und versuchte, irgendetwas zu erreichen. Und dann dräute Ungemach.
Ich musste noch 7 Züge bis zur ersten Zeitkontrolle machen und hatte noch so ca. 9 Minuten auf der Uhr, als ich merkte, dass ich dringend aufs Klo musste. Mein Gegner zog relativ zügig, und ich dachte, wenn ich jetzt ginge, würde das vielleicht die entscheidenden 2 Minuten kosten. Also durchhalten...
Der Druck wurde immer stärker und ziemlich unerträglich. Aber ich konnte nicht weg. Ob ich meinen Gegner bitten sollte... nee, das kann man nicht machen.
Als ich endlich meinen 39. Zug machte, hatte ich noch 4:20 auf der Uhr. Jetzt konnte ich es endlich wagen! Schnell auf die Toilette gerast, gepinkelt, — was für eine Erleichterung! — schnell wieder zurück, und nun war folgende Stellung auf dem Brett zu sehen:
Noch ein Zug!
Auf der Uhr: 2:30 Minuten. Eigentlich stand ich doch ganz gut. Mir fiel sofort 40. Dg3 ins Auge. Das deckt Sg5, greift den Turm an und eröffnet Angriffsmöglichkeiten. Problem: es opfert den Bb2. Kann man das machen?
Ich rechnete rum und überlegte, fand keine sinnvolle Alternative und wollte also 40. Dg3 ziehen. Es waren noch ca. 15 Sekunden auf der Uhr, als eine innere Stimme plötzlich sagte: "Quatsch! Warum das Risiko eingehen? Deck erst den Bb2 und dann kannst Du Dg3 immer noch spielen." Stimmt! Also kurzentschlossen gezogen: 40. Te2. Gerade noch rechtzeitig, 7 Sekunden vor Blättchenfall. Puh!
Dann geschah Merkwürdiges: mein Gegner zog 40. ..., Dc1+, ich antwortete sofort 41. Kh2 und nun bat mich mein Gegner um das Formular, weil er zwei Züge nachtragen musste. Er verhedderte sich dabei in meinen und seinen Aufzeichnungen. Als auf den Formularen endlich alles seine Richtigkeit hatte, wendete er sich wieder dem Brett zu und zog sehr sachlich: 41. ..., Dxg5.
Wie eine begossene Katze...
Danach stocherte ich noch lustlos in der Stellung rum, aber mein Gegner ließ sich nicht aufs Glatteis führen und verwertete die Figur souverän.
Depression!
Und Wanja?
Sein Gegner wird die Queerspringer als sehr großzügige Spezies in Erinnerung behalten. Ich schenkte ihm letzte Woche einen Bauern; Wanja tat dasselbe heute, allerdings nicht als Gambit, sondern eher als Unfall.
Einer seiner Bauern bohrte sich stachelartig nach e5 um die schwarze Stellung mit seinem Gift zu lähmen. Jedoch stellte sich dieser Bauer als etwas haltlos heraus und ging sang- und klanglos verloren, und damit letztlich auch die Partie.
[MarcR]