Spielberichte vom 9. Spieltag am 30.04.2006
Queer-Springer 1 - SC Weisse Dame 3
Endstand 7,0 : 1,0
Atmosphärische Konflikte
Erich Kästner spricht unter obigem Titel so:
Die Bäume schielen nach dem Wetter.
Sie prüfen es. Dann murmeln sie:
"Man weiß in diesem Jahre nie,
ob nu raus mit die Blätter
oder rin mit die Blätter
oder wie!"
Aus Wärme wurde wieder Kühle.
Die Oberkellner warten blass
und fragen ohne Unterlass:
"Also, raus mit die Stühle
oder rin mit die Stühle
oder was?"
Die Pärchen meiden nachts das Licht.
Sie hocken Probe auf den Bänken
in den Alleen, wobei sie denken:
"Raus mit die Gefühle
oder rin mit die Gefühle
oder nicht?
4Es ist schon warm. Wird es so bleiben
Die Knospen springen im Galopp.
Und auch das Herz will Blüten treiben.
Drum raus mit die Stühle,
und rin mit die Gefühle,
als ob!
Damit liefert er eigentlich schon eine Zusammenfassung des Frühlings von Q1. Nachdem wir zuerst immer hinter Lichtenrade her waren, sie dann durch einen Sieg im direkten Duell überholt hatten, durch das Unentschieden gegen Zehlendorf wieder hinter sie zurückgefallen waren, hatten wir in den letzten Runden immer die Rolle des hoffenden Verfolgers. Also immer so: Wir gewinnen, wenn auch bisweilen knapp, und tun somit unsere Pflicht, nur um später in den Ergebnislisten zu sehen, dass das nicht für die Tabellenspitze reicht.
Die gleiche Situation hatten wir am letzten Spieltag, mit zwei Besonderheiten: - Diesmal waren wir nicht auf Ergebnislisten angewiesen, konnten vielmehr bei der großen Endrunde die Konkurrenz direkt beobachten. Klar war, dass wir besser 5:3 gewinnen würden, damit wir an Lichtenrade vorbeiziehen können, wenn Lichtenrade 4:4 spielt.
Es gab Gerüchte und Spekulationen, ob vielleicht ein Aufstieg als "bester Zweiter" möglich sei.
Mit etwas Mühe und dank der Unterstützung von Q2 wurde die Mannschaft voll, und es ging in den Kampf im Estrel Hotel. Diesmal ersetzten die aufregenden Begleitumstände die Dramatik im eigenen Kampf:
Schon früh zeichnete sich ab, dass wir unsere eigene Aufgabe lösen würden.
Mir (1) konnte gar kein Spielpartner zur Verfügung gestellt werden. Und das, obwohl das zweite Brett von Weisse Dame auf meine Frage hin beteuerte, es werde jemand erscheinen. (Warum denn so ein Zauber?!) Wieder zusehen! Noch besser als schon zuvor kann ich die Leiden des Peter M nachvollziehen, der bekanntlich noch häufiger vom Gegner "freigestellt" wird und dann wie ein Tiger im Käfig auf und ab laufen muss ... 1:0 nach einer halben Stunde!
Noch als ich auf meinem Platz saß, baute sich der taktisch geschulte (mich durch Falschauskünfte in Atem haltende, siehe oben) Gegner von Peter S (2) strategisch sehr fragwürdig auf. Nach etwa 20 Zügen holte ihm Peter den ersten Bauern ab; ein weiterer folgte bald, dann noch etwas Abtausch ..., aber die Partie ging weiter.
Norbert (4) hatte mal anders rochiert und griff auf der anderen Seite den gegnerischen König an. Der Gegner indessen machte keinerlei (!) Anstalten, irgendein Gegenspiel aufzubauen. Das war sehr skurril! Man war immer geneigt zu denken: Wo ist der Haken? Was führt er Teuflisches im Schilde? Aber nein: Norberts Angriff kam näher; der Gegner gab noch eine Figur her, um ein wenig zu beschwichtigen, und dann die Partie auf! 2:0
Martin Z (6) hatte ganz offensichtlich seine häuslichen Schachfiguren vom Staub befreit und sich eine Variante gegen Sizilianisch angesehen. Er kam mit Schwung aus der Eröffnung. Dann gab es ein paar Verwicklungen, in denen ich für beide Seiten Chancen vermutete. Aber schnell stellte sich heraus, dass die vom Gegner ergriffene Initiative nicht weit führen würde. Martin verband den Vorstoß seines gefährlichen Freibauern mit einer Mattdrohung, und das hielt die gegnerische Stellung schon nicht aus - ein wohltuender Saisonabschluss trotz Erkältung! 3:0
Frank (3) verwickelte sich mit seinem jungen Widerpart in einen verzwickten Kampf. Ständig fragte ich mich, warum nicht der eine oder der andere diesen oder jenen Bauern nehmen konnte. Meist geschah dies - wie Frank bei der abendlichen Analyse nachwies - aus sehr guten Gründen nicht. Das halbe Brett stand voll vergifteter Bauern! Frank rückte auf den feindlichen König vor und schickte sich an, die ersten Mattdrohungen zu basteln. Aber es blieb immer kompliziert, und wegen der inzwischen sehr knappen Bedenkzeit und des erfreulichen Zwischenstandes bot Frank Remis an, was der Gegner dankbar annahm. Am Abend, ohne Aufregung und in größerer Runde, fanden wir, dass Franks Angriff auf einem guten Wege gewesen war. Aber auch so war es ein sicherer Abschluss einer guten Partie. 3,5:0,5
Gerrit (7) hatte den stärksten Gegner von allen erwischt. Einen früheren Spitzenspieler reaktiviert Weisse Dame jetzt nur noch alle Jubeljahre mal, und das in der dritten Mannschaft ... Gerrit baute sich sehr zurückhaltend auf und überließ dem Gegner das Zentrum. Was folgte, war ein komplizierter Kampf und für meine Begriffe ein starker Vortrag des Gegners: Er opferte eine Qualität, bekam nach einigen Zügen zwei Bauern dafür und bearbeitete Gerrits nun sehr löchrige Stellung mit immer neuen Drohungen. Eine Weile lang schauten alle sorgenvoll in Richtung von Gerrits Brett. Aber dann schlug er zurück! Nachdem die feindlichen Drohungen notdürftig abgewehrt waren, nahm Gerrit die gegnerische Grundreihe näher in Augenschein, und es erwies sich, dass die dortige Fesselung vom Gegner nur unter Figurenopfer vorläufig verteidigt werden konnte. Noch zwei Züge, und Gerrit war der einstigen Umklammerung gänzlich entkommen. Der Feind war nach heroischem Kampf niedergeworfen, die "Becker-Faust" Gerrits flog in die Luft! 4,5:0,5
Karin (8) als unsere Edelersatzspielerin aus der zweiten Mannschaft hatte ihre Gegnerin schon längere Zeit belagert. Durch eine taktische Operation gewann sie einen Bauern. Die Gegnerin baute danach zwar einen gewissen Druck auf und drohte latent, mit ihrer Turmbatterie zu Karins König vorzudringen und damit wenigstens das Dauerschach zu erzwingen. Karin aber beharrte einfach in ihrer Position, gab ihren Mehrbauern vorübergehend zurück und graste mit ihrem "freien" Turm tief im feindlichen Hinterland die Bauern ab. Als die Gegnerin Anstalten machte, Verwicklungen anzuzetteln, wickelte Karin erfreulich humorlos in ein einfach gewonnenes Turmendspiel ab, in dem sie alsbald die Umwandlung eines Bauern erzwang, was die Gegnerin nicht mehr mit ansehen mochte. 5,5:0,5
Wolfgang B (5) hatte, nach anspruchsloser Eröffnungsbehandlung durch seinen Gegner, den früheren BSV-Präsidentschaftskandidaten und Seppelt-Opponeten Gerd Borris, das Läuferpaar hergegeben, um seine Figuren zu zentralisieren und eine Mehrheit am Damenflügel zu erhalten. Der Gegner schlug nun geschickt zurück, und es kam zu einer (erzwungenen?) Abwicklung ins Turmendspiel, in dem der Gegner, nach einem geschickten Zwischenschach mit dem Turm auf Wolfgangs siebente Reihe eingedrungen, deutlichen Vorteil zu haben schien. Kurz darauf jedoch hatte er offensichtlich Angst vor der eigenen Courage bekommen und zog seinen Turm ins eigene Lager und eine ganz defensive Stellung zurück! Danach hätte Wolfgang wohl gewinnen können, aber wie es in Turmendspielen häufiger ist: Die Dinge waren nicht so einfach ... Wolfgang hatte am Ende zwei Bauern, der Gegner nur einen. Vielleicht konnte er gewinnen ..., aber wegen des Standes war das nicht mehr von entscheidender Bedeutung. Am Ende stand eine Zugwiederholung. 6:1
Peters (2) Gegner hatte trotz klarer Verluststellung den Widerstand fortgesetzt. Er stellte ihn ein, als beide Mehrbauern sich seiner Grundreihe näherten und näherten ... 7:1
Die eigene Aufgabe war souverän gelöst. Aber auch Lichtenrade bezwang die nicht mehr hoch motivierten und ersatzgeschwächten Zehlendorfer ohne größere Probleme mit 5,5:2,5. Also sind wir Tabellenzweite!
Und, was bleibt zu sagen? Wahrscheinlich stimmt es: Durch Vorgänge hoch über uns (ein göttlicher Eingriff?!) steigen wir wahrscheinlich doch auf! Durch den Abstieg von Kreuzberg II aus der zweiten Liga - nachdem die selbe Mannschaft vor zwei Jahren noch die zweite Liga gewonnen hatte! - und den damit verbundenen Zwangsabstieg vom Kreuzberg III aus der Oberliga und eine Sonderregel ... (Ja, das wäre wirklich ganz schön viel Glück auf einmal.) wird wohl der beste Zweite aus der ersten Klasse in die Stadtliga aufsteigen. Wir sind jetzt in einer Art Wartestand, und wenn keine Mannschaft irgendwo in den überegionalen Klassen zurückgezogen wird, sind wir nächste Saison in der Stadtliga!
Der literarisch bewanderte Leser wird schon oben protestiert haben. Hoffentlich hat er weitergelesen. Ich gestehe es: Ich hatte dem Erich eine Strophe geraubt. Das aber nur, um sie ihm schon hier feierlich zurückzugeben, die vorletzte Strophe. Ich kriege nämlich keinen besseren Abschluss hin!
Der Lenz geht diesmal auf die Nerven
und gar nicht, wie es heisst, ins Blut.
Wer liefert Sonne in Konserven?
Na, günstigen Falles
wird doch noch alles
gut.
Holger Franke
Queer-Springer 2 - Lavandevil 2
Endstand 5,0 : 3,0
Noch ein Guinness
Auch ich besitze eine Ausgabe des Guinnessbuches der Rekorde. Sie muß ungefähr aus dem Jahr 1991 sein und ist so tief in meinen Kinderbuchkisten verstaut, daß ich mich scheue, sie wieder herauszukramen. Junge Anschlußkinder wie ich bekamen nach der Wende mit Hilfe dieses Machwerkes einen ersten Einblick in die westliche Lebenswelt. Dort saßen Menschen viele Tage auf Holzpfählen, andere wurden 400 Kilogramm schwer und konnten ihr Bett nicht mehr verlassen. Riesenbratwürste wurden gebrutzelt und eklige Tiere verzehrt. Die Protagonisten wirkten meist ziemlich krank, aber ich will nicht leugnen, daß mich das Abseitige schon damals fasziniert hat. Inzwischen habe ich eine Erklärung für mein damaliges Verhalten gefunden. Es war angenehm, im Angesicht des Abseitigen einen Anspruch auf die eigene Normalität zu erhalten - die Psychologen nennen das institutionelle Abwehr. Den Wunsch, im Mittelpunkt zu stehen, die 15 Minuten Berühmtheit, die man als individueller Mensch mit modernen Sinnkrisen zu erhalten beansprucht, sollte zumindest nicht über den Weg des Guinnessbuches gedeckt werden. Ich wollte so etwas nicht mitmachen. Diese - nennen wir sie scheue - Haltung zum Rekordwerk hat sich bis heute erhalten. Doch justament bin ich ausgetrickst worden, ich war Nebendarsteller der größten Schachveranstaltung der Welt! 1500 oder wie viele Schachspieler auch immer wurden heute morgen in einen Raum gepfercht. Mitten in Neukölln, gleich bei den Schrottpressen des Hafens, steht das Hotel Estrel, sicher keine zarte Blüte der Berliner Architektur. Gebückt vom schweren Spielmaterial gingen wir um 8:30 Uhr vorbei an den frühstückenden Gästen zum Spielort. Im Angesicht des Convention-Centers wünschte ich mir unsere beschauliche Heimspielstätte zurück. Die Ansprache an die Spieler erfolgte durch ein Megaphon, und an jedem Spielplatz lag Werbematerial der Dr. Kribben Finanzberatungs AG (Herr Kribben wurde 1960 in Kelkheim geboren...) und ein Stift vom Deutschen Herold. Beständiges Gemurmel, verschwitzte Leiber und nervöse Schiedsrichter durchfurchten die Reihen. 20 Spieler wurden zum Geburtstag beglückwünscht. Unsere drei Q-Mannschaften verloren sich in diesem Ameisenhaufen, die Erfassung der Spielentwicklung auf den anderen Brettern erforderte eine gewisse Laufbereitschaft. Eine eigentümliche Atmosphäre fürwahr.
Als es um 9:30 Uhr endlich los ging, waren wir bei Q2 nur zu sechst. Die Aufstellungsprobleme hatten sich schon früh angedeutet, Karin verstärkte die erste Mannschaft, um die letzte Aufstiegschance nicht zu verspielen. Unser Spiel war dagegen bedeutungslos, aber gewinnen wollten wir natürlich trotzdem.
Ich war wieder mal als erster fertig, meine Eröffnung hatte ich in dem ganzen Trubel ziemlich schlampig heruntergespielt und mußte so schnell meinen geliebten weißfeldrigen Läufer hergeben. Mein Gegenspieler hatte sich dafür allerdings mit einem Isolani zu plagen, dessen Eroberung ich in der Folgezeit anvisierte. Schnell bekam ich ein Remisangebot, Lustlosigkeit machte sich an unserem Brett breit, Figuren wurden im schnellen Wechsel abgetauscht. Am Ende hatte ich die bessere Bauernstruktur, mein Gegner wehrte sich nicht wirklich gegen den Einfall meines Königs, und ich fuhr die Partie nach Hause. 1:2
Als Nächste beendete Beate ihre Partie. Nachdem sie früh eine Qualität gewonnen hatte, beackerte sie frohgemut die einzige offene Linie. Mir schien, die Partie mache ihr sichtlich Spaß. Der Gegner war ausschließlich damit beschäftigt, mit Leicht- und Schwerfiguren die Löcher in der Abwehr zu stopfen. Dabei ging immer mal wieder etwas Material hops, und irgendwann kapitulierte er vor dem unbändigen Siegeswillen unserer Präsidentin. 2:2
Holgers Partie war bei meinem Hinzutreten auch schon in der Schlußphase. Er hatte dem Gegner eine Leichtfigur abgeknöpft, der schließlich überlebende Läufer und die Bauern besetzten die strategisch wichtigen Felder auf dem Königsflügel, so daß der Gegner nur noch die Hand reichen konnte. 3:2
Als Nächster beendete Helge, unser Ausleihspieler von Q3, seine Partie. Auch er war schon im Mittelspiel mit deutlichem Materialvorteil bedacht worden und verfügte über eine deutlich gesündere Bauernstruktur. Gegenspiel für seinen Gegenüber schien sich aus meiner Sicht nur am rückständigen e-Bauern entfalten zu können. Aber dazu kam es nicht mehr, Helge spielte souverän und bei meiner nächsten Stippvisite konnte ich ihm zum Sieg gratulieren. 4:2
Martin hatte es an seinem Brett mit dem besten Spieler der gegnerischen Mannschaft zu tun. Er klagte früh, was grundsätzlich bei mir keinen Pessimismus hervorruft. Wie immer rochierte er kurz und bestritt dann auf der Königsseite seinen Angriff. Dann muß er sich wohl verrechnet haben, denn er verlor in der Folge eine Leichtfigur und gab anschließend auf. 4:3
Nun durfte Ullrich für die Galerie spielen. Sein Gegenspieler wollte wohl auch nicht so lange spielen, aber das frühe Remisangebot lehnte Ullrich in komfortablerer Stellung ab. Mit zwei offenen Linien konnte man eigentlich einen spannendes Mittelspiel mit vielen Drohungen und Verwicklungen erwarten. Ullrichs Gegenüber beschränkte sich jedoch schnell auf die Verteidigung, was unserem Spieler nur recht sein konnte. Stück für Stück baute er seine Stellung aus und gewann schließlich in einer Kombination die gegnerische Leichtfigur. 5:3
So, das wars, wir sind mit großem Vorsprung ins Ziel gefahren und haben eine tolle Saison gespielt.
Matthias
Queer-Springer 3 - Schwarzer Springer Schmargendorf 3
Endstand 4,5 : 2,5
Innere Sicherheit
Der ehemalige Bundesminister des Innern, Otto Schily, war avisiert, um die große Guinness-Runde im Hotel Estrel einzuläuten. Aber er kam nicht, urlaubte lieber in der Toskana.
Keine Rede zur inneren Sicherheit auf dem Königsflügel, zum gemeingefährlichen Schläfer, getarnt als Läufer auf c8, zu den Gefahren des internationalen Terrorismus durch die Eroberung des Zentrums oder zu islamistischen Selbstmordattentätern, die auf f2 oder f7 einschlagen.
Wie üblich waren wir zu sechst, und da auch der Gegner oktamiert war, lagen wir zu Beginn 0:1 zurück, und es wurden nur sieben Punkte verteilt.
Davon gewannen wir 4,5: PeterM, Ludwig, Michael und ich siegten, Stefan spielte das obligatorische Remis, und Crit ergab sich nach langem Kampf. In der Abschlusstabelle landeten wir damit auf Platz 3. Um nicht weiter mit leeren Guinness-Gläsern den Feierlichkeiten von Q1 und Q2 zuzuschauen, sollten wir in der nächsten Saison den Aufstieg anpeilen.
Sonja Beckmann
Spielberichte vom 8. Spieltag am 09.04.2006
SC Turbine Berlin - Queer-Springer 1
Endstand 2,5 : 4,5
Fury in the Slaughterhouse
Du willst eine Erkältung, einen Nervenzusammenbruch und etwas zum Freuen? Drei Wünsche auf einmal? Das geht natürlich: Besuch ein Q1-Spiel!
Sonja war clever (mal sehen, ob sie das zensiert! ( - nein, das wage ich nicht: wg. Art 5. (1) GG! S.B.)): Sie rief mich an und fragte, ob denn Tigran wohl spielen würde. Weil ich wahrheitsgemäß verneinte, blieb sie angewidert unserem Kampf fern. Und das war - offenbar instinktiv - die richtige Entscheidung. Denn dieser Kampf war nichts für schöngeistige Menschen und Journalistinnen, deren Stimmen sich in aufregenden Spielsituationen zu überschlagen drohen.
Ich hatte mich gegen halb neun auf die Straße gestellt, in der Annahme, dass Peter Süß mich kurz darauf auflesen würde, und nicht ahnend, dass dieser, gezeichnet vom wochenlangen Kampf um exquisite Intrigen für die Fernsehlandschaft und mit technischen (Wecker-) Problemen beladen, tief atmend in der Hängematte lag. Bis mir klar wurde, dass ich mit der Bahn nach Köpenick musste, verging eine halbe Stunde. Man ist ja nicht der Jüngste. Die Erkältung war eingefahren.
Auf zum Nervenzusammenbruch! Auf dem Weg stellte ich mich seelisch auf knappe Bedenkzeit bei starkem Gegner ein. Gegen 9.40 Uhr erreichte ich endlich die alte Schule in Adlershof, hastete an mein Brett ..., um eben jenes verlassen vorzufinden. Einen Spielpartner konnte man mir nicht zu Verfügung stellen. Auch Peters Brett blieb vom Gegner unbesetzt, so dass es dort 0:0 ausging. Und die anderen? Erstmals sah ich gleich bei meinem Eintreffen Partien, die schon ins Mittelspiel gingen ...
Bei Gerrit (8) sah es aus, als wäre in der Eröffnung etwas schief gegangen: Er hatte sich wohl bewusst auf einen Damentausch auf d8 eingelassen und auf die Rochade verzichtet. Sein König fand jedoch keinen Unterschlupf, etwa auf c7, weil die weißen Figuren ihn immer wieder aufscheuchten. So war es eine unschöne und kurze Partie, die zum Ausgleich führte: 1 : 1
Martin Z (7) wollte gerade erst zum Kanister greifen und schön Öl ins Feuer gießen, als der Gegner auch schon auf Remis wegen dreifacher Stellungswiederholung reklamierte. Das machte er zwar erst nach Ausführung seines Zuges, aber da die Reklamation in der Sache berechtigt war, gab Martin am Ende das Remis. 1,5 : 1,5
Stefan (1) hatte königsindisch angegriffen. Als ich kam, war schon eine verwickelte Lage entstanden. Der Gegner, ein DDR-Spitzenspieler der 60er/70er Jahre, ließ sich nicht lange bitten und spielte die schärfste Variante, fast ohne Zeit zu verbrauchen. Das holte er einen Zug später nach; er nahm etwa eine Stunde von seiner Zeit; allerdings hatte er hier schon keine Wahl mehr - eine lange Abwicklung folgte, mit einigem Abtausch, und am Ende stand Stefan klar besser. Noch ein kleiner Missgriff des Gegners, und schon nach dem nächsten Zug kam "die Hand". Dabei wäre ganz am Anfang, nach dem genaueren Zug (der wahrscheinlich bei längerem Nachdenken ins Auge gefallen wäre) alles völlig offen gewesen. Und da sagt man immer, die Jungen seien so ungeduldig - der Mann ist über 70! 2,5 : 1,5
Ebenso alt war der Gegner von Björn (6). Dieser spielte allerdings weit weniger schneidig, in der Eröffnung vielmehr eher behäbig. Nachdem Björn eigentlich gut gestanden haben muss, stürmte er mit seinen "hängenden Bauern" nach vorn. Ein hoffnungsvoller Freibauer entstand. Wovon ich zu berichten vergaß, ist die Zeit. Björn hatte etwa sieben Minuten für etwa 20 Züge bis zur Zeitkontrolle. Einige Züge machte er schnell. Er opferte eine Qualität, eine Maßnahme, die bei kontrolliertem Spiel sicher zumindest im Remissinne sinnvoll gewesen wäre. Aber was heißt kontrolliertes Spiel, bei nun noch drei Minuten für zehn Züge? Björn wurde sogar noch angescherzt: "Auf einmal geht es schnell", stellte der Gegner fest, als Björn einmal blitzartig antwortete. Am Ende war die Zeit zu knapp, um die ideale Anordnung der Figuren zu finden. Es wurde getauscht, und in einer schon verlorenen Stellung überschritt Björn die Zeit. 2,5 : 2,5
Norbert (4) hatte sich bei meiner Ankunft schon eingeschultet: Der Queer-Springer stand ordnungsgemäß auf g8, und kein Mensch verstand die Stellung. So viel war später zu verstehen: Norbert stand erst richtig gut, dann ziemlich kritisch. Dann war alles ausgeglichen. Natürlich war es Norbert, der dann aufblühte und mit Tricks und Kniffen den an Fernschach gewöhnten (und ebenfalls immer wieder zwischendurch scherzenden) Gegner schier zur Verzweiflung trieb ("Scheiße!", "Wenn du alles siehst, dann verlier ich!" ...). 3,5 : 2,5
Bei Wolfgang (5) sah es anfangs sehr gut aus: Der Gegner hatte ihm in der Eröffnung ungefähr ein Dutzend Tempi geschenkt, und so hatte Wolfgang jede Menge Raumvorteil. Dann allerdings fand der Gegner einen Trick, durch den er einen Bauern gewann. Danach zog er sich wieder zurück, und ich denke, Wolfgang stand immer noch klar besser. Aber: Er hätte losschlagen müssen, seinen Raum- und Entwicklungsvorteil in einen Angriff investieren! Statt dessen ging alles sehr gemächlich zu, und der Vorteil drohte sich zu verflüchtigen. Und die Zeit! Wolfgang opferte oder verlor einen zweiten Bauern, griff nun doch an, und durch einen Patzer des Gegners gelangte Wolfgangs Dame ins feindliche Hinterland. Leider war es nicht zwingend Matt, und das Blättchen hing ... Seelenruhig absolvierte Wolfgang den 40. Zug, mit, nach meiner Schätzung, drei Sekunden auf der Uhr. Als beide wieder etwas Zeit hatten, wurde klar: Der feindliche König war davongelaufen, der Gegner hatte noch immer zwei Bauern mehr und stand glatt auf Gewinn. Aber jetzt war er es, der unentschlossen agierte. Er meinte wohl, er müsse die Partie nur noch "nach Hause schaukeln". Wolfgang lockerte die Königsstellung wieder auf, diesmal am anderen Flügel. Erste Drohungen tauchten auf. Wolfgang spielte ideenreich und giftig ... und langsam! Schließlich kam es zum Showdown: Wolfgangs Zeit war bis auf wenige Sekunden abgelaufen, sein Angriff war inzwischen unwiderstehlich. Der Gegner hätte nur noch ein paar hinhaltende Züge ausführen müssen - wahrscheinlich hätte Wolfgang allein den Bewegungsablauf (sinnlos geopferte Figur aufsammeln, Uhr drücken) nicht mehr in die Zeit gebracht! Aber der Gegner gab auf, als er sah, dass er das Matt nicht würde vermeiden können!! War das ritterlich oder verpennt? Ich habe keine Ahnung. Aber der Gegner machte unmittelbar danach nicht den Eindruck, als könnte er selbst die Frage (oder irgendeine andere) beantworten. Er hatte wohl einfach einen mittleren Nervenschock erlitten, so wie ich. Wolfgang: "Tut mir leid, dass das so lange gedauert hat. Ihr hättet auch ruhig schon fahren können." Sprach's, faltete sein Formular zusammen und stieg aufs Motorrad ... 4,5 : 2,5
Damit war der Sieg wie durch ein Wunder gerettet! Ein Remis hätte auch schon gereicht, was mir, offen gestanden, während der aufregenden Minuten in Adlershof nicht gänzlich klar war. Doch: 4:3 gibt auch zwei Mannschaftspunkte, denn laut Turnierordnung gewinnt, wer mehr Brettpunkte als der Gegner hat. Unlogisch finde ich das spätestens dann, wenn man durch diese Regel mit vier Leuten noch einen Sieg einfahren kann, z.B. ein 2,5:1,5 ...
"Ein gutes Pferd springt knapp", war das Einzige, was Sonja zum Thema Dramatik an jenem Abend einfiel. Das mag stimmen und gut gebrüllt sein. Aber wenn man weiter denkt: Ist es nicht so, dass so manches Pferd einem Abdecker begegnet, bevor es sein Sprungtalent so richtig entfalten kann?
Holger Franke
(Das Ende ist mir zu düster, deshalb: Wer knapp springen will, braucht gute Queer-Pferde! S.B.)
SF Siemensstadt 2 - Queer-Springer 2
Endstand 2,5 : 5,5
Nie mehr dritte Liga! Nie mehr, nie mehr!
Es gibt Lieder über Berlin, über Pankow über den Wannsee. Aber hat schon einmal jemand ein Lied über Siemens und Siemensstadt geschrieben? Weiträumige Industrieanlagen und Arbeitermietskasernen sind nicht sexy - immerhin beweisen einschlägige Magazine, daß ölbeschmierte Arbeiter mit freiem Oberkörper derartige Mängel durchaus zu tilgen verstehen. In Siemensstadt gab es mal 25000 davon, heute sind die Verwaltungs- und Industriegebäude zu einem beträchtlichen Anteil verkauft. In Zeiten des Dienstleistungsgewerbes stirbt die Spezies der Elektrofacharbeiter - wir machten uns am Sonntagmorgen auf den Weg, um die Letzten ihrer Art zu finden. Und dieser war kein leichter. Frühmorgendliches Aufstehen, weite Anfahrtsstrecke, danach schien das Schwierigste überwunden. Doch vor dem Schachspiel hatten wir uns der Aufgabe zu stellen, die labyrinthische Struktur des Verwaltungsgebäudes zu überwinden, um in den Raum D1042 (!) zu gelangen. Siemens baute 1880 den ersten elektrischen Aufzug und 1881 die erste elektrische Straßenbahn in Lichterfelde, derartige Fortbewegungsmittel wären in den endlosen Fluren und zwischen den unzähligen Brandschutztüren sehr hilfreich gewesen. Im Keller angekommen, wurden wir freundlich vom Gastgeber empfangen. Wer gehofft hatte, hier auf Metallbauer und Schweißer zu stoßen, wurde enttäuscht. Eine bunt gemischte Charlottenburger Mannschaft saß uns gegenüber.
Ich hatte, nachdem ich mich zunächst auf dem Weg zur Toilette verlaufen hatte und wertvolle Zeit einbüßte, gerade erst angefangen, meine wenig sicheren Anfangszüge auf das Brett zu bringen, als schon die erste Remismeldung ins Haus flatterte. Joachim und sein Gegner (DWZ 1700) schienen wenig Verlangen zu haben, sich durch komplizierte Stellungen zu quälen, und beendeten das Spiel einvernehmlich, ohne daß ich es auch nur einmal geschafft hätte, auf das Brett zu sehen. ½ - ½
Ich war ein wenig neidisch auf Joachim, wäre auch gerne schon fertig gewesen, aber ein Remis durfte ich nicht anbieten. Im Vorfeld der Partie hatte ich schließlich vollmundig erklärt, wir würden uns nicht mit einem Unentschieden begnügen, wir seien schließlich Queer-Springer. Also mußte ich mir was einfallen lassen. Wie üblich hatte ich mit Tempoverlust die Eröffnung verlassen. Wir hatten gegensätzlich rochiert und begannen nun, die gegnerische Königsstellung zu attackieren. Da auch mein junger Gegenspieler nun einige Tempoverluste einstreute, konnte ich meine Figuren immer besser ins Spiel bringen. Langsam begann mir das Spiel Spaß zu machen. Einschlag auf h2, kleine Finten zur Regulierung der angespannten Situation auf dem Damenflügel, schließlich ein nettes Zusammenspiel zwischen Dame und Springer, und ich hatte den Sieg in der Tasche. 1½ - ½ #
Als ich nun die Bretter meiner Mitspieler sah, bekam ich meine Zweifel ob des Ausgangs dieses Wettkampfes. Aus dieser trüben Stimmung konnte mich jedoch Peters Partie am 8. Brett herausreißen. Für mich bemerkenswert: Peter hatte mit Schwarz nicht fianchettiert, war wohl nur ein Vorurteil meinerseits. Er schien gut aus der Eröffnung gekommen zu sein. Verantwortlich dafür war auch unsere Vereinsmeisterschaft - Sizilianisch mit frühem a6 war das Gebot der Stunde! Im Mittelspiel verlor er dann kurzzeitig den Faden, brachte sich aber schließlich mit einem Manöver des Springers auf d4 wieder in Vorteil. Als ich hinzutrat, begann er langsam, den Gegner durch Dame, Turm und Läufer mit einer Würgetechnik quasi im eigenen Wohnzimmer auf dem Königsflügel zu behandeln. Dieser hatte noch mit einem zur Dame strebenden Bauern sein Glück versucht, was Peter einfach ignorierte. Folgerichtig ging dem Siemensstädter die Luft aus, und er reichte unserem Mann die Hand. 2½ - ½#
Seine liebe Not hatte Wanja mit der Schwerindustrie. Dampfende Pressen, riesige Maschinen - sein Gegner schien damit Erfahrung zu haben! Störrisches Kleinvieh schien ihm dagegen nicht so am Herzen zu liegen, also gab er die Leichtfiguren und behielt die schweren. Und dann begann er, den Stahl zu bearbeiten, preßte, verformte und durchlöcherte. Auch wenn es im Raum mucksmauschenstill war - die Belüftung ausgenommen, die in Abständen ansprang und sich anhörte wie eine Herz-Lungen-Maschine -, konnte Wanja den Krach, den sein handwerklich geschickter Gegner veranstaltete, bald nicht mehr ertragen und gab sich geschlagen. 2½ - 1½
Als nächster Queer-Springer legte Martin L. den Schalter um. Schon nach 25 Zügen machte sich gähnende Leere auf dem Brett breit, und ich konnte wenige Gewinnchancen erkennen. Aber Martin spielt solche Partien wie ein Uhrwerk, das konnte ich in den letzten Monaten feststellen. Mit einer besseren Bauernstruktur ausgerüstet, fing er nun an, in fremden Wäldern die Forstarbeiter zu meucheln, und es gelang dem Gegner nicht, dafür eine angemessene Kompensation zu erstreiten. 15 Züge später war der König nackt und mußte aufgeben. 3½ - 1½#
Martin G. war nach zwei Stunden zu mir mit einem Remisgebot gekommen. Er entschied sich dann dafür, die Partie auszuspielen. Schließlich war er gut in die Partie gekommen und mit der Stellung zufrieden. Aber dann geschah Dramatisches, denn sein Gegner verdampfte irgendwann den Königsflügel und versuchte, mit schwerem Räumgerät Platz für einen dort alleine verbliebenen Thronfolger zu schaffen. Danach begann die quälende Zeit des Wartens, Martin kämpfte, rackerte, trickste, versuchte zu überleben und mußte irgendwann doch aufgeben. 3½ - 2½
So war es denn an Karl, den Aufstieg für unser Team perfekt zu machen. Früh streute er ein g3 ein, das den jungen Gegner verwirren sollte. Die Fianchettierung mit dem sich dahinter sonnenden König ließ zumindest zu keinem Zeitpunkt das Gefühl aufkommen, daß ernsthafte Gefahr bestünde. Beide Spieler überlegten lange und handelten bedacht. Die C-Linie wurde geöffnet, Schwerfiguren abgetauscht. Ein harter Kampf entspann sich um die Tauschregeln für die Leichtfiguren. Schließlich einigten sich beide Parteien auf das Überleben je eines Springers. Karl entführte einen Bauern, die Könige stampften aufeinander zu. Es wurde um jedes Feld gerungen, Karl war im Vorteil, doch der Gegner wankte nicht, bis ein Fehler mit seiner letzten Leichtfigur ihn zur Aufgabe zwang. Besonders schön für unseren Spieler: Nachdem ihn am letzten Spieltag die Pferdchen so quälten, liefen sie heute unter seiner Anleitung fehlerlos über den Parcours. 4½ - 2½ - wir sind aufgestiegen!!!
So blieb nur noch Karin am Brett. Alles war gelaufen, kein Grund mehr für emotionale Kraftakte. Karin wollte es aber wissen und der Gegner auch. Und sie spielten und spielten. Ein Bauer mehr, zwei Bauern, drei, wieder nur zwei und am Ende einer. Am Ende der Partie hatten beide nur noch 3 Minuten auf der Uhr. Verzweifelt hatte ich versucht, die Züge mitzuschreiben, alles egal, Martin meinte, das sei ein Todremis, Karl wollte diskutieren und analysieren. Karin hatte ihren Gegner besiegt, sah zufrieden aus. Ich war völlig fertig und wollte hier raus.
5½ - 2½ hatten wir gewonnen. Das Labyrinth entließ uns aber nicht sofort, die Schilder zum Schach waren entfernt worden. Ohne diese "Brotkrumen" irrten wir wie Hänsel und Gretel durch die Gänge. Ein geschätzter Mitspieler imitierte einen hysterischen Anfall - wir hätten ihn fast verloren. Befand sich in Karins Tasche wirklich ein Survivalset? Schließlich fanden wir einen Ausgang, verabschiedeten uns vom Pförtner und fuhren heim.
Unsere Gegenspieler sind übrigens an diesem Tag auch noch aufgestiegen. Wir gratulieren herzlich.
M.S.
Spielberichte vom 7. Spieltag am 19.03.2006
Queer-Springer 1 - SC Rochade 1
Endstand 5,5 : 2,5
Anschluß gehalten!
"Ich habe so Heimweh nach dem Kurfürstendamm
Ich hab so Sehnsucht nach meinem Berlin
Und seh ich auch in Frankfurt, München, Hamburg oder Wien
Die Leute sich bemühn
Berlin bleibt doch Berlin!"
Ach, Hildchen, wat würdste denken: Berlin, wie hast de dir verändert! Eben noch mit Whiskey-Willy im Rathaus Schöneberg gesoffen und geraucht - und heute: aus die Maus, nix, nebbich.
Nach dem totalen Alkohol- und Rauchverbot im Turniersaal - in den Achtzigern hätten die NRW-Protagonisten für die Kombination Saufen, Rauchen und Schach, Otto Borik und Karl-Heinz Podzielny, einen einfach für wahnsinnig erklärt - nun sogar totales Rauchverbot im gesamten Rathaus. Whiskey-Willy hat immerhin noch den Trost, daß die Macher einer Ausstellung über sein Leben im Erdgeschoß des Rathauses Schöneberg die Fotos - ungefähr jedes zweite zeigt ihn mit Fluppe in der Hand oder im Mund - nicht alle retuschiert haben. Doch was machen wir armen, süchtigen Schächer? "Draußen rauchen!" begrüßte mich Peter M. um viertel vor neun vor der Rathaustüre, rauchend und frierend, aber im - an seiner Entschlossenheit keinen Zweifel zulassenden - NVA-Kampfanzug.
So ging´s denn los, doch allzuviel Vergnügen bereitete der Blick auf die Bretter der 1. Mannschaft nach einer guten Stunde eigentlich nicht. Holger hatte am Spitzenbrett gegen das Feld-, Wald- und Wiesenschach seines Gegners kein rechtes Rezept gefunden, wohl auch nach eigenem Bekunden in der Eröffnung rumgemurkst, als er partout durch Zugumstellung in eine bekannte Variante überleiten wollte. Das Ergebnis sah nicht recht vertrauenerweckend aus, der weißfeldrige Läufer mußte nach e6 überführt werden, bei einem noch auf e7 verharrenden Bauern, und seine Majestät mußte in der Mitte verbleiben, in der Hoffnung, dort irgendwie über die Runden zu kommen.
Norbert (3) hatte in seiner bevorzugten Schwarzeröffnung eine sehr vielversprechende Stellung erreicht - "Er war dreimal breit", sagte er später in einer Pause draußen, doch dann stellte Norbert nacheinander drei Bauern ein - "totaler Blackout" -, dann offerierte er noch die Qualle, die sein Gegner wohl einfach sich auch noch hätte einverleiben können. Als er es nicht tat und Norbert ein paar kräftige Züge frische Luft draußen vor der Türe genommen hatte, ja, da fühlte sich Norbert wieder einigermaßen wohl.
Björn (5) hatte frisch einen Bauern ins Gambitgeschäft gesteckt, doch war er wohl irgendwie vom Pfad der Tugend abgekommen. Bald verschwanden erzwungenermaßen die Tanten vom Brett, und nun lautete das Motto dieser Partie: auf der Suche nach Kompensation...
Bei Wolfgang (4) wußte ich nicht recht. Er hatte etwas Material gewonnen, wenn mich nicht alles täuscht, doch sein Fianchettoläufer hatte dafür das Zeitliche segnen müssen, während der gegnerische weißfeldrige Läufer noch auf dem Brett verblieben war. Immer irgendwie unangenehm, zumal sein Gegner fröhlich den König in der Mitte gelassen hatte und mit h5, h4 voranpreschte, wohl in der üblen Absicht, irgendwie mattzusetzen.
Bei Martin (6) wußt´ ich auch nicht recht. Erkennbar hatte er es seinem Gegner in der Eröffnung leicht gemacht, zu gutem Ausgleich zu kommen - an sich gilt die schwarze Stellung sogar bereits als leicht vorteilhaft nach Martins Abtausch-Eselei -, aber bei Martin fängt das Spiel ja immer erst nach der Eröffnung an, das immerhin hatte ich nicht vergessen.
Gerrit (7) hatte wegen des zögerlichen Spiels des Gegners bereits seine Bauernwalze gegen den weißen König gut vorangebracht, ohne daß Weiß schon erkennbar am Damenflügel weitergekommen wäre. Bei Wanja (8) sah es anfänglich eigentlich gut aus, doch irgendwie versandete seine gute Angriffsstellung, und als ich das nächste Mal aufs Brett schaute, wirkten die weißen Figuren doch etwas unkoordiniert, während sein Gegner mit Schwarz immer besser ins Spiel zu kommen schien.
Bei mir (2) machte sich die fehlende Spielpraxis doch arg bemerkbar. Ich wußte schon, daß mein Gegner einen merkwürdigen Stonewall spielt, doch so richtig vorbereitet war ich auch nicht und brauchte doch dann ziemlich lange, mindestens ebenso merkwürdige Varianten durchzurechnen. Doch dann fand ich doch das Richtige - und der Gegner griff fehl, so daß ich mit einem Bauern mehr aus dem Getausche hervorging. Einmal fehlgegriffen, mußte ich dann allerdings meinen weißfeldrigen Läufer etwas einsargen, der gedeckte Freibauer des Gegners auf d4 verbot auch allfällige Wanderungen meiner Majestät zum entfernten Freibauern auf der a-Linie. Mit mehr Zeit und mehr Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten hätte ich sicher weitergespielt, so aber dachte ich, ein Remis sei auch nicht schlecht.
Denn inzwischen hatte sich einiges zugetragen: Holger hatte sein Figurenknäuel entwirrt, und die Waagschale begann sich nun deutlich zu seinen Gunsten zu neigen. Ebenso hatte Norbert das Spiel komplett gedreht, einen Mehrbauern in einem Turm-Läufer-Endspiel erreicht; Wolfgang hatte derweil die Drohungen des Gegners souverän abgewehrt und machte alsbald den Sack zu: 1,5 : 0,5.
Den nächsten Sieg erzielte Martin, der mit einem Läufereinschlag auf g7 die gegnerische Schutzwand aufriß. Wahrscheinlich hätte sein Gegner nehmen müssen, um dann nach einem Damenschach auf d4 einfach seinen hängenden Springer auf c5 einzubüßen und damit insgesamt einen Bauern. Er entschied sich anders, ließ das schwarzfeldrige Monster von Martin auf dem Brett. Nach viel Tauscherei und einigem taktischen Geplänkel bewahrheitete sich erneut die alte Weißheit, daß bei ungleichfarbigen Läufern auf dem Brett die Seite den Sieg davonträgt, die den Angriff führt. Und das war nun mal Martin!
Gerrit hatte die beste Fortsetzung verpaßt, wie die nachfolgende Analyse zeigte, war ein Turmschwenk auf h6 mit der tödlichen Drohung Dh4 wohl ein klarer Gewinnweg, und nach zu frühem Durchbruch und Damentausch bot der Gegner Remis, was Gerrit auf Raten des Mannschaftsführers annahm. Denn selbiger Holger zog nun die Schlinge zu, nein: eigentlich führte er den Gegner zur Schlachtbank. Da auch Norbert mit einem feinen Witz das Endspiel schnell gewann, stand es bereits 5 : 1.
Wahre kleine Wunder ereigneten sich bei Björn. Björns Gegner, zwischendurch mit Mehrqualität klar auf der Siegerseite, hatte diese wohl hergegeben, um ein, wie er meinte, sicher gewonnenes Turmendspiel zu erreichen. Doch Björn schnapfte via Mattdrohung den gegnerischen Freibauern auf h4 ein, und da mochte der Gegner nicht mehr und nahm das klug ausgestreute Remisangebot Björns an: 5,5: 1,5.
Der Unglücksrabe an diesem Tag war zweifellos Wanja; er hatte bravourös gekämpft, und irgendwann hielt ich seine Stellung sogar für deutlich besser. Er hatte Turm und zwei Bauern für zwei gegnerische Leichtfiguren, ich hatte das Gefühl, daß die Bauern dem Gegner einiges Kopfzerbrechen bereiten würden. Doch dann stellte - berührt, geführt - Wanja, der selbst im Schach stand und den Turm angefaßt hatte, selbigen ein, und die Partie war verloren: 5,5:2,5 Endstand.
Da Lichtenrade erwartungsgemäß gewonnen hat, folgen wir mit einem Punkt und einem halben Brettpunkt hinter Lichtenrade, bleiben also am Ball. Na, schaun mer mal, dann seh mer schon. Wie der Münchner in mir so sagt...
Peter Süß
Queer-Springer 3 - TuS Makkabi Berlin 3
Endstand 4,0 : 4,0
Großer Preis von Schöneberg
Der siebte Spieltag kreuzte sich mit dem Großen Preis von Malaysia, der morgens um acht Uhr MEZ gestartet wurde. Kurz nach dem Start der Formel-1- Boliden musste ich mich vom Fernseher trennen, um beim Großen Preis von Schöneberg mitzufahren.
Die Pole Position mussten wir freilassen, und auch ganz hinten brachten wir kein konkurrenzfähiges Gefährt an den Start: 0:2.
Ludwigs (4) Gegner spielte Schach, wie Juan Pablo Montoya seinen McLaren-Mercedes steuert, gelinde gesagt ungestüm. Der eine kracht anderen gern mal ins Heck, der andere opferte sinnlos Figuren. Und so hatte Ludwig leichtes Spiel: 1:2.
Michael (7) hatte einen Bauern geopfert und sich mächtig im Zentrum breitgemacht. Rückblick: 1999 führte der Finne Mika Häkkinen beim Rennen in Monza, verschaltete sich und fiel aus. Danach kauerte Häkkinen hinter einem Reifenstapel und weinte bitterlich. Dennoch wurde er in jener Saison Weltmeister. Ob Michaels Gegner auch dereinst Großes gelingen wird? Er verlor nämlich einen Springer und weinte bitterlich hinter einem Figurenstapel. Michael "wickelte in ungewohnt ruhiger Manier ab", so seine bescheidenen Worte zum 2:2.
Im Stile eines Takuma Sato gab Crits (5) Gegenüber Gas, bis sich der Rennwagen in Rauch auflöste. Oder Teile vom Boliden abfielen, erst die Flügel, dann die Nase, schließlich Motorschaden. Rasch verlor der Makkabi-Spieler einen Bauern, bald noch einen, Crit stand komfortabel und baute die gute Stellung Zug um Zug aus. Schließlich blickten all ihre Figuren zu dem, was vom gegnerischen Königsflügel übrig geblieben war, und erlegten den König, Qualm stieg auf, Motorschaden, 3:2.
Was bei Stefan (6) passiert ist, weiß ich nicht so genau, das Überspielen der Telemetriedaten hat wohl nicht funktioniert. Als ich auf sein Brett blickte, hatten beide jeweils zum letzten Mal getankt, das Endspiel begann. Die Figuren lümmelten sich bereits in der Boxengasse, und da Stefan einen Bauern weniger hatte, war die Partie schnell vorbei, 3:3.
Peter (2) spielte gegen einen begabten Jugendlichen, der mich an Nico Rosberg erinnerte, das aufstrebende Formel-1-Talent dieser Saison. Peter griff am Damenflügel an, der Makkabi-Spieler am Königsflügel. Ein kraftvoller Freibauer schien die Partie schon für Peter zu entscheiden, als er einen Fehler machte, aus dem Konzept kam und Schwarz Gegenspiel bekam. Allzu keck allerdings stellte er dabei eine Figur ein. Letzte Versuche, die Partie noch ins Patt zu retten, scheiterten, Peter setzte matt, 4:3.
Ich (3) hab in dieser Saison ungefähr so viele Punkte geholt wie früher Minardi, die Fortsetzung sollte folgen. Es war der dritte Zug, als ich entscheidend in Nachteil geriet. Ich hatte schlicht vergessen, was zwingend notwendig war, und wählte einen falschen Weg, nämlich den ins Kiesbett. Das Rennen dauerte noch lange, aber ich fuhr stets hinterher, 4:4.
Übrigens heißen zahlreiche jüdische Sportvereine "Makkabi", was keinesfalls Eintracht, Werder, Spielvereinigung oder Weiße Dame bedeutet. Der Name stammt von den Makkabäern: Das waren jüdische Freiheitskämpfer, die gegen die Unterdrückung durch die Seleukiden kämpften. Sie begründeten das königliche und hohepriesterliche Geschlecht der Hasmonäer und erkämpften für fast einhundert Jahre die jüdische Unabhängigkeit, die das Königreich bis zur Eroberung Jerusalems durch Pompeius 63 v. Chr. bewahrte. Herodes tötete 37 v. Chr. den letzten männlichen Makkabäer, um seine Herrschaft zu sichern.
Vereine namens Makkabi gibt es in der ganzen Welt, sie sind in der Makkabi World Union zusammengeschlossen. Die MWU veranstaltet alle vier Jahre in Israel die Makkabiade als Weltspiele des jüdischen Sports mit olympischem Programm.
Sonja Beckmann
Spielberichte vom 6. Spieltag am 26.02.2006
SG Lichtenberg 2 - Queer-Springer 1
Endstand 2,0 : 6,0
Pappnasen
Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Wir haben oben keine Anspielung auf einen etwa nicht ernstzunehmenden Gegner. Dieser hat uns alles abverlangt, und damit hatten wir auch gerechnet. Nein: Zwar ist Lichtenberg so ziemlich der unkarnevalistischste Ort, den man sich vorstellen kann, aber Sonja verlangt einen der Jahreszeit entsprechenden Bericht. Also: Pappnasen auf, Anschnallen und ... Narhallamarsch!
Um acht in dr Fröh, da ginget schon los,
dr Rosensonntagszoch war jroß!
Im Bad war ich noch allein. Am Frühstückstisch war dann schon Tigran bei mir. In der U-Bahn saß - in die Lektüre vertieft - Gerrit. Am Hermannplatz stieg Wolfgang zu, und am S-Bahnhof Neukölln lasen wir auch noch Norbert auf. Daher konnten wir den abschließenden Spaziergang von der Frankfurter Allee zum Sportplatz in zugähnlicher Formation absolvieren - sehr angenehm! Wenn man bedenkt, dass das nicht geplant war ... Vor Ort im Stadion warteten dann auch schon Prinz Björn I. und der Bauer (Martin Z), die Jungfrau (Stefan B) kam etwas später.
Unsere Gegner von der Spielgemeinschaft Lichtenberg hatten sich - Sonja wäre überrascht und enttäuscht gewesen - gar keine bunten Kostüme angezogen. Nur am achten Brett saß eine Schwangere, und die war auch noch echt ...
Nee, wat warnwer jeck am Morjen,
wer nüschtern war, der macht´ sisch Sorjen.
Sorgen hätte man haben können! Björn hatte in der Eröffnung einen fiktiven Läufer auf g4, jedoch einen realen auf c8. Der blieb auch da - eingemauert! Wolfgang hatte mal ganz anders gespielt ... und stand nach nur sechs Zügen mit Weiß schlechter, und auch Tigran hatte nicht gerade eine bequeme Stellung aus der Eröffnung bekommen.
Wer nüschtern bleibt, is selber schuld.
Mit Wein jeht´s jot ... und mit Jeduld.
So ungefähr nach diesem Motto ging ich vor; ich vertraute auf Langmut und Einfallsreichtum unserer Kämpfer. Auf den Wein verzichtete ich aus sportlichen Gründen und weil die Regel ihn verbietet. Und siehe: Es half! Wolfgang (5) befreite sich nach und nach vom gegnerischen Druck, Tigran (1) überstand die kritischen Momente gut und ging zum Angriff über. Der Prinz (6) stand zwar weiter schlecht, erhielt sich aber am Leben.
Unterdessen hatte sich Norbert (4) gegen meine Lieblings-Uta (aus dem Jugendtraining) nach konstant komisch gespielter Eröffnung (beide Seiten überboten sich gegenseitig im Tempo-Verschenken) eine Qualität geholt und war in eine Stellung geraten, die ihm sichtlich behagte und die er sicher gewann. 1:0 Da die Lichtenberger schändlicherweise auch für eine Kapelle nicht gesorgt hatten, spielte der verdiente Dreifachtusch nur in meinem Kopf.
Tigrans Gegner fand, nachdem er in die Defensive geraten war, nicht mehr die zähen Verteidigungen, die wir am Abend beim Bier vorschlagen konnten, so dass er bald Tigrans Angriff nicht mehr gewachsen war - 2:0. Kamelle!
Und is dr Anfang noch so schwer,
am Ende jibt´s kein Halten mehr!
Als der Bann einmal gebrochen war, kamen auch noch weitere Punkte, zum Teil unerwartet, auf unsere Seite:
Stefans (2) Angriff, der anfangs nicht besonders beeindruckend aussah, wurde nach einem gegnerischen Missgriff doch noch sehr stark. Und es gab kein offizielles Gegenspiel ... 3:0. Tanz der Funkenmariechen!
Und, von den Funken inspiriert, war sogar Wolfgang, der durch geduldige Arbeit nach und nach in Vorteil gekommen war, plötzlich fertig. Der Gegner überschritt die Zeit, aber die Niederlage wäre in diesem Moment ohnehin nicht mehr abzuwenden gewesen. 4:0. Bützjes!
Ganz karnevalistisch dann auch das Ende meiner Partie: Erst noch alles im Griff, gab ich für eine Handvoll Drohungen die Kontrolle auf, nur um dem Gegner dann kurz vor der Zeitkontrolle noch eine schöne Chance einzuräumen. Aber er spielte mit: "Wolle mer ihn reinlasse?", rief ich ihm (selbstverständlich telepathisch; es liefen ja noch Partien!) zu, und da konnte auch er nicht humorlos sein, rief zurück: "Ja!", schickte seine Dame beiseite (wohl auch karnevalstypisch) ... und ließ mich unter Abzugsopfer in seine Grundreihe rein ... 5:0. Zack, Prinzengarde in den Saal!
Apropos Prinzengarde: Der Prinz B I (6) war lange gequält worden, aber als er endlich seinen Läufer von c8 nach b7 ziehen konnte und seine Dame davor spannte, da gelang ihm plötzlich eine Art Agreement unter Adligen - er beredete fortwährend den weißen König, man trat auf der Stelle ... 5,5:0,5.
Unser Bauer (7) hatte, wie gewohnt, sein Feld kräftig beackert, die Brocken flogen nur so durch die Gegend (oder waren es Kamellen?). Ein schöner Mattangriff war eingesät, aber nicht geerntet worden, und beinahe wäre noch der Bauer vor den Pflug gespannt worden ... Der Gegner konnte sich aber nicht entschließen, das volle unternehmerische Risiko zu gehen, und so einigte man sich darauf, doch keine Bodenreform zu machen: Dauerschach und 6:1. Auszug des Dreigestirns!
De Weiber und der Suff,
die reiben de Menschen uff.
Vom Suff weiß ich nichts; Gerrit (8) machte einen gesammelten und konzentrierten Eindruck, trotz des Stempelabdrucks auf seinem Handrücken. Letztlich weiß ich auch von Weibern herzlich wenig. Ich weiß nur zu berichten, dass Gerrit nach guter Eröffnung allmählich unter Druck geriet, immer mehr, noch mehr ... 6:2. Und Aschermittwoch!
Das unsere haben wir getan, die tollen Tage sind vorbei, Lichtenrade führt noch.
Holger Franke
SF Nord-Ost Berlin 3 - Queer-Springer 2
Endstand 3,5 : 4,5
Weit weit weg und trotzdem nett
Der Traum von einer Pankower Filiale unseres Vereins wurde am 26. Februar 2006 wahr: Zu fünft machten wir es uns in der S-Bahn gemütlich und traten gemeinsam unseren Weg gen Schachfreunde Nord-Ost an. Die lange Reise nach Buch verkürzte Matthias mit ulkigen Geschichten aus seiner Jugend und mit Warnungen zum Spiellokal unserer Gegner, "Der Alte". Früher - früher hätte man sich da nicht hinwagen können, da waren nur Rechte!
Nach solcher Indoktrination betraten wir leicht besorgt den verruchten Ort, aber welch Erleichterung, als wir zum "Frei-Raum - Treffpunkt für Mädchen" weitergeleitet wurden! Da fühlten wir uns alle gleich viel wohler.
Zu siebent begannen wir so frohgemut den Kampf. Nach einer Stunde entledigten wir uns allerdings der Hoffnung, dass Wanja (5) nur verspätet käme. Ein früher Fahrgast hatte ihn nach Schönefeld entführt. Ein gekidnappter Punkt: 0:1
Die nächste Spielstandsänderung wurde kurz darauf an Joachims (7) Brett verursacht. Bereits innerhalb der ersten 10 oder 15 Züge bot sein Gegner Remis, auf das unser Kämpfer verzichtete. Als wenige Züge später eine weitere Anfrage erging, vermochte Joachim seine ablehnende Haltung nicht mehr aufrechtzuerhalten. Die Höflichkeit verbot, diese zweite so manierlich vorgetragene Offerte zurückzuweisen. Auch schien Joachim sein weit ins gegnerische Feld vorgerückter isolierter Doppelbauer zu schwach zu sein. Seinem wohl positionierten Ross, das den feindlichen Läufer beherrschte, mochte er nicht die ganze Partie anvertrauen, und wie das Endergebnis zeigen wird, war der gesicherte halbe Punkt für die Mannschaft sehr nützlich. Schade nur, dass dieses Unentschieden Joachims bisherige Gewinnserie unterbrach. 0,5 : 1,5
Der nächste Punkt wurden an meinem Brett (6) verteilt. Ich überlebte eine Caro-Kann-Eröffnung ohne größere Probleme. Dieser absolut ungewöhnliche Umstand verführte mich dazu, im Mittelspiel ausgelassen-übermütig auf Bauernjagd zu gehen. Auch das gelang. Mein Gegner stimmte dem Übergang in ein Endspiel mit gleichfarbigen Läufern zu, ich lehnte sein Remisgebot ab, Fritz kritisierte in der späteren Analyse nur wenig, und so führte die Partie zum Ausgleich: 1,5 : 1,5
Unseren zuvor leicht besorgten Mannschaftsleiter beruhigte dies so sehr, dass er mir gleich auch noch den Spielbericht anvertraute. Bei der Stiftübergabe schaute ich erstmals auf sein Brett und erblickte einen gesunden, gedeckten Mehrbauern. Ganz schnell waren es zwei. Da begann Matthias (4), mit seinem Gaul zu schaukeln und siehe, alle Türme tauschten sich vom Brett. Mit dem verbleibenden Läuferpaar gegen Springer und Läufer mochte der Gegner den Kampf nicht fortführen. Ganz klar: 2,5 : 1,5
Trotzdem verursachte die Partie in der abendliche Analyse bei Tigran und Holger simultanes Kopfschütteln: Im Damengambit hatte sich Matthias mit schwarz etwas zusammenschieben lassen. Zwar baute er sich dagegen solide damenbauerspielartig auf, verlor aber in der Eröffnung mindestens 3 Tempi, rochierte gar (!) und sah sich Drohungen auf dem Königsflügel ausgesetzt. Diese ließen sich aber leicht parieren. Als der Gegner mildtätig einige Tempi anbot, griff Matthias dankend zu, und das Blatt wendete sich. Sein wild hüpfender Springer fixierte einen rückständigen d-Bauern, und das Spiel gelangte zum oben beschrieben Ergebnis: Es zählt, was hinten rauskommt - egal, was die aus der 1. Mannschaft hinterher zu kritisieren haben.
Gleich neben Matthias konnte man Karl (3) bei seiner bisher besten BMM-Partie (O-Ton Karl) bewundern. Mit chirurgischer Präzision nötigte er seinen Gegner zur Aufgabe: Karls Turm fesselt einen feindlichen Springer, aber statt sich gleich mit einer weiteren Figur auf den Armen zu stürzen, schnürte unser besonnener Held erst seelenruhig den fremden König ab, brachte diesen anschließend mit seinem Läufer ein wenig zum Tanzen, und - schade - dann war die Partie auch schon vorbei. Selbst sein Gegner war von Karls Spiel derart begeistert, dass er ihm glatt 1,5 Punkte zugestanden hätte: 4 : 1,5! (3,5 : 1,5)
Ullrichs (8) Spiel ging nicht ganz so leicht von der Hand. Zwar hatte er seinen guten Springer in einen noch besseren gedeckten Freibauern verwandelt, aber im anschließenden Schwerfigurenendspiel wehrte sich sein Gegner zäh gegen jegliche Linienöffnung. Außerdem deckte er rechtzeitig jede Schwäche, die Ullrich ins Visier nahm. Es sah fast so aus, als könnte er so die Stellung halten. Ein Remisgebot erging. Es wurde abgelehnt. Plötzlich tauschten sich die Damen, Ullrichs Türme trauten sich auf die offene h-Linie, und schlagartig waren nur noch Schwächen beim Gegner auszumachen. Ullrich rechnete genau, tauschte die Türme und dezimierte mit seinem König fremde Bauern. So befreit, konnten die Seinen vorpreschen, und schon gab es wieder eine Dame auf dem Brett.
Leider konnten sich die Beobachter damit noch nicht entspannt zurückziehen: Feindliche Freibauern waren auf dem Brett entstanden. Hoheitliche Schachgebote konnten sie nicht stoppen, und so musste sich Ullrichs junge Dame wieder opfern. Fast sah es so aus, als würden sich nun beide Spieler mit den verbleibenden Bauern in den ewigen Kreislauf von Entstehen und Vergehen begeben, doch kapitulierte Ullrichs Gegner vor der nächsten Umwandlung: 4,5 : 1,5
Trotz aller Bemühungen blieb mir Karins (1) Partie bis zum Schluss unverständlich. Mit einer Qualität im Vorteil lehnte sie ein Remis ab und lauerte wohl auf einen hübschen Opfereinschlag in die gegnerische Königsstellung, der bei Annahme zum Matt geführt hätte. Dazu ergab sich jedoch keine Gelegenheit, da ein feindlicher Turm beharrlich störte. Ihre zum Angriff bereitgehaltene Königin verfing sich im Netz fremder Bauern: Damenverlust.
Dieses Unglück und die folgende Kapitulation (4,5 : 2,5) kann nur durch Matthias im letzten Spielbericht geäußerte Forderung, den Männern der Mannschaft bei ihrer Damenschwäche zu helfen, erklärt werden: Alles Wissen muss Karin selbstlos den Herren übergeben haben, die heute nicht ein einziges Mal im Umgang mit dem starken Figurengeschlecht strauchelten. Dabei verausgabte sie sich selbst aber wohl zu sehr. War es das wert?
Diese Frage musste sich auch Martin (2) stellen. Nach den üblichen Eröffnungs"problemen" erschien seine Stellung recht ausgeglichen. Doch dann kam es zu einem Leichtfigurenabtausch. Eigentlich. Stattdessen beschloss Martin, zwei Bauern zu erobern, selbst einen 3-Freibauern-Cluster zu bilden und dem Gegner dafür den Läufer zu überlassen. Martins Opponent verdoppelte daraufhin vor der Bauernwalze seine Türme und brachte den Läufer in Sicherheit. Natürlich hatte auch Martin die Türme zur Hand und rückte mit seinen Bauern vor. Die Lage war undurchsichtig. Auf dem Weg zum Umwandlungsfeld mussten zwei seiner mutigen Gesellen ihr Leben lassen. Der dritte wurde glücklich zur Dame, die jedoch - unglücklich - sofort wieder geschlagen wurde.
Da sich all dies während eines umfassenderen taktischen Gemetzels mit Schachgeboten abspielte, konnte Martin immerhin den überzähligen feindlichen Läufer vom Brett entfernen. Die Verwicklungen mündeten in ein Turmendspiel mit Minusbauer. Es wurde noch einige Zeit gekämpft. Die spannendste Partie des Tages wurde auch die längste. Doch leider endete sie nicht mit einem Happy End. Der Gegner hatte den aktiveren König: 4,5 : 3,5
Mit zwei erkämpften Mannschaftspunkten blieben wir auf dem geteilten 1. Platz der Tabelle und konnten den Rückweg nach Berlin fast zufrieden und um einige Vorurteile erleichtert antreten: Die Nachbetrachtung ergab, dass wir alle sehr freundliche Gegner hatten und in Buch gegen eine der bisher nettesten Mannschaften spielen durften (was sich nicht nur in einer überdurchschnittlichen Remisgebot-Dichte zeigte). "Der Alte" ist somit als vollkommen ungefährlich einzuschätzen.
Beate Kießling
SK Turm 1898 Berlin 2 - Queer-Springer 3
Endstand 5,5 : 2,5
Neoliberalismus im Altersheim
Merkwürdiges trug sich an diesem Tag, dem 26. Februar, in Berliner Altersheimen zu: Die WASG versammelte sich in einem Kreuzberger Seniorenstift, erklärte die Linkspartei für neoliberal und beschloss, getrennt zur Abgeordnetenhauswahl zu marschieren. Weniger marschierte man zu dem Seniorenheim in der Lehrter Straße. Bevor die Partien bei SK Turm gegen die Queer-Springer begannen, stand es bereits 2:2. Wir hatten das erste und achte Brett freilassen müssen; natürlich hatte PeterM (2) keinen Gegner und ich (3) auch nicht.
Ob die fehlenden Schachfreunde dem Karnevalszug zuschauten, der sich durch Berlins Mitte mühte, um rheinischen Frohsinn zu simulieren? Oder das Glas erhoben auf den Geburtstag der Augsburger Puppenkiste, die am 26. Februar 1948 ihre erste Vorstellung gab?
Unsere Akteure hatten nicht nur mit ihren Gegnern zu kämpfen, sondern auch mit bissigen Bügeln und ausschlagenden Schirmständern, jedenfalls warnte ein vergilbter Zettel an der Garderobe: "Die vorhandenen Ablagen und Unterstelleinrichtungen dürfen nur auf eigene Gefahr benutzt werden. Senat von Berlin". Derart eingeschüchtert ging nicht viel gegen die stärkste Equipe unserer Klasse. Erich (4) hatte anfangs eine vorwitzige Dame, die den Kontrahenten unter Druck setzte. Stefan (5) hatte sich kompakt, wie es Fußballstrategen auszudrücken belieben, aufgestellt. Thomas (7) wählte die Gefechtsformation diagonaler Rochaden. Leider gingen diese Partien alle verloren. Einzig Michael (6) gelang es, seiner Gegnerin einen halben Punkt abzuluchsen, 5,5 : 2,5 stand es am Ende für die Moabiter Türmer.
Royales am Rande: Hat eigentlich jemand an diesem Tage Sizilianisch gespielt? In Erinnerung an König Manfred von Sizilien, der am 26. Februar 1266 im Kampf mit Karl I. in der Schlacht von Benevent fiel...
Sonja Beckmann
Spielberichte vom 5. Spieltag am 12.02.2006
Queer-Springer 1 - SK Zehlendorf 4
Endstand 4,0 : 4,0
Es ist zu dumm mit den Zehlendorfern:
In der Saison 2003/04 verlor Q2 gegen SK Zehlendorf 4, stieg aber dennoch (im Gegensatz zu den Zehlendorfern) auf. In der Saison 2004/05 schlug Q2 die Mannschaft von SK Zehlendorf 5, aber Zehlendorf stieg auf, während Q2 in der Klasse blieb.
Und nun soll Q1 durch das 4:4 gegen SK Zehlendorf 4 den Aufstieg verspielt haben?
Nun: Bisher sehr souverän agierten die Lichtenrader, die jetzt wieder die Führung übernommen haben. Wenn man davon absieht, dass wir sie in Bestbesetzung niedergerungen haben, konnte ihnen kein Gegner gefährlich werden. Das spricht dafür, dass sie sich die Tabellenführung nicht mehr werden abjagen lassen. Aber die Sache mit Zehlendorf gibt mir wieder Hoffnung: Heißt es nicht zwingend: Der eine bekommt im direkten Vergleich die Punkte, der andere steigt auf?
Wer jetzt einwendet: "Ja, ihr hättet halt verlieren müssen! Mit einem Unentschieden klappt das nicht!", dem kann ich nur sagen: Wir hätten es beinahe geschafft:
Zunächst gelang es uns schon, geschwächt an den Start zu gehen. Tigran und Frank kamen planmäßig nicht, Stefan fiel außerplanmäßig aus, Gerrit wurde von Prüfungsstress gepeinigt. Zwar bekamen wir von Q2 mit Karin und Holger starken Ersatz gestellt (Dank an das Kollektiv!), aber das Wetter (!) riss doch noch eine Lücke in unsere Reihen: Peter S kam wegen des Ausfalls diverser Flüge aus München nicht weg und musste sich entnervt das wattierte Dirndl überwerfen und das Wochenende auf der Alm verbringen.
Da auch Zehlendorf ein Brett, nämlich das letzte, frei ließ, stand es schon zu Beginn 1:1.
Dann entwickelten sich die Dinge eigentlich ganz erfreulich. Zwar standen Karin (7) und Martin Z (6) etwas unbequem, aber nicht so sehr, dass man schon über Niederlagen nachdenken musste. Dafür hatten Norbert (3) und Björn (5) ihre Gegner sicher im Griff, und Wolfgangs (4) Gegnerin hatte im jugendlichen Überschwang sinnlos einen Bauern geopfert, während ich (2) mich halbwegs wohl fühlte, obgleich die Stellung ganz unklar war.
Aus meiner Sicht fielen die Entscheidungen dann so:
Norbert verwertete sicher und mit sichtlichem Vergnügen seinen Vorteil. Der Gegner hatte zu früh auf eine Flügelaktion gesetzt, und Norberts Figuren strömten durch die Mitte ein. Der Gegner musste seinen noch nicht einmal recht begonnenen Angriff abbrechen und sich gegen die Drohungen Norberts verteidigen. Dabei verlor er allerdings zwei Bauern, und seine Figuren - einschließlich König - wurden von Norberts Figuren nur so durch die Gegend gescheucht. Der Gegner hatte zwar im Jugendtraining eine Menge gelernt, aber das stilvolle Aufgeben gehörte nicht zur Ausbildung. So blieb Norbert auch die Freude des Mattsetzens. Na ja: Einer hätte sich noch dazwischen werfen können ... 2:1
Wolfgang wickelte nach seinem Bauern"gewinn" (man trug ihm die Ernte praktisch in die Scheune) konsequent ab und erreichte am Ende ein Springerendspiel, das nach meiner Einschätzung glatt gewonnen sein musste. Leider tauschten sich jetzt sehr viele Bauern (War das nötig? - Ich weiß es nicht!), so dass am Ende nur mehr ein einziger übrig war. Und der stand wohl noch zu weit hinten, um den gegnerischen Springer mittels Opferangeboten abzulenken und ihn so vom Opfer seiner selbst gegen den letzten Bauern abzuhalten. So mussten wir also dem gemeinen Selbstmordanschlag gefasst ins Auge blicken - so richtig heimtückisch war das an der Stelle schon nicht mehr ... 2,5:1,5
Karin hatte sich nach verkorkster Eröffnung ziemlich gut erholt und die Initiative übernommen. Der Gegner konnte die Drohungen neutralisieren, und es tauschten sich nach und nach alle Figuren ab. Am Ende standen beide Seiten mit eine Bauernmehrheit von jeweils zwei Bauern da - Karins Bauernduo war in der Mitte frei, das gegnerische am Damenflügel. Gewinnchancen hatte nur Karin. Die bestanden unter Umständen darin, mit dem König zu den eigenen Bauern zu laufen, die feindlichen Landwirte laufen zu lassen und am Ende schneller zu sein. Ging was? Wieder hab ich keine Ahnung! So gab es bald ein Remis. 3:2
Gefesselt von meiner eigenen Partie, war mir entgangen, wie bei Björn aller Ärger angefangen hatte. Während er zuerst beide Flügel voll unter Kontrolle hatte, war bei meinem nächsten Rundgang ein offener Schlagabtausch im Gange. Offenbar hatte sich der Gegner mittels taktischer Tricks befreien können. Obwohl Björn dabei einen Bauern eingebüßt hatte, hoffte ich noch immer zumindest auf ein Remis. Diese Hoffnung erfüllte sich aber nicht, so dass es wieder ganz eng wurde: 3:3
Ich hatte nach der Eröffnung durch eine taktische Abwicklung einen Bauern gewonnen, dann aber nicht die beste Aufstellung gefunden, so dass mein Gegner für den verlorenen Bauern etwas bequemer stand. Der Wert des Mehrbauern war ohnehin relativ gering, weil ungleichfarbige Läufer am Brett waren. So hatte ich zu unseren besten Zeiten und bei ganz wild-unklarer Stellung schon einmal Remis angeboten, was erwartungsgemäß nach Rücksprache mit dem Mannschaftsführer abgelehnt wurde (zu dieser Zeit standen Wolfgang und Björn noch ausgezeichnet). Ein vom Gegner abgelehntes Remisangebot ist für die Partie meist gut, und so kam es auch, dass sich mein Gegner verpflichtet fühlte, Gewinnmanöver zu suchen. Auf solche Art der Objektivität beraubt, trifft man nicht immer exakt den richtigen Zug. Meine Stellung verbesserte sich rapide, als mir der Damentausch gelang. Das Endspiel mit Türmen und am Ende nur noch mit Läufern ging mir dann in jetzt schon beiderseitiger Zeitnot relativ leicht von der Hand. Der Plan war klar, und die Untiefen, die man dann zu Hause bei der Nachbetrachtung findet, blieben zum Glück uns beiden verborgen ... 4:3
Jetzt erst erfragte ich, wie Björns Partie ausgegangen war, und ich musste, wie die meisten anderen, dem armen Martin zusehen, wie er sich in Zeitnot und mit einer schwierigen Stellung behelfen musste. Kurz: Diesmal klappte es nicht mehr. Nachdem Martin das Remis schon praktisch hatte erzwingen können und es auch schon zu spät war, bei beiderseits hängenden Fähnchen den Stand des Kampfes durchzugeben, wählte er eine Variante, die sehr gut aussah und ihm auch eine neue Dame einbrachte. Der kleine Nachteil: Der Gegner bekam auch eine neue Frau, und er war dran, und er konnte trotz äußerster Nervosität offenbar mit Frauen umgehen. Martins König wurde Opfer von Nachstellungen, bis er dann auf h3 ermattet zusammensank. 4:4
Nun kann es doch nicht sein, dass wir nicht aufsteigen können sollen, nur weil mein Gegner in etwas schlechterer Stellung das Remis ablehnt und uns damit einen Mannschaftspunkt schenkt!
Vielleicht ist die oben aufgestellte Regel ja in dieser Saison auch gar nicht in Kraft? Klar ist, dass wir jetzt unsere Kämpfe gewinnen müssen, und zwar möglichst glatt, wenn wir noch auf eine Chance lauern wollen. In der letzten Runde (bei der gemeinsamen Endrunde!) spielt Lichtenrade gegen Zehlendorf. Dann bekommen die Zehlendorfer vielleicht die Gelegenheit, alles wieder gut ... und uns zum Meister zu machen!
Holger Franke
Queer-Springer 2 - TSK Oberschönweide 7
Endstand 6,0 : 2,0
Q2 hat Probleme mit den Damen
Vielleicht hat der deutliche Männerüberschuß in unserem Team inzwischen negative Folgen. Denn der Umgang mit Damen, auf dem Brett wie im richtigen Leben, will gelernt sein. Der deutliche Sieg am heutigen Tag wurde nur leicht getrübt durch die malade Verfassung dreier Wesen selbigen Geschlechts - zwei standen zunächst wohlproportioniert auf den Brettern eins und drei, irrten aber aufgrund mehrerer fraglicher Interventionen ihrer männlichen Spieler zunehmend ziellos in der Gegend herum. Bei der dritten Dame handelte es sich um unsere Präsidentin, die leicht verspätet und offensichtlich partydurchnächtigt ihren Platz am fünften Brett einnahm. Im Gegensatz zu ihren beiden hölzernen (Leidens)Genossinnen war sie natürlich in der Lage, sich schließlich erfolgreich durchzusetzen. 6:2 hieß es am Ende. Sehr zufrieden nähern wir uns langsam den entscheidenden Aufstiegsspielen.
Ich hatte mich kaum richtig auf meinem Stuhl platziert, da hatten meine Nachbarn zur Linken und zur Rechten schon eine gehörige Breitseite in die schwarzen Reihen ihrer Gegenspieler gelandet.
Wanja am vierten Brett begann sofort mit einem forsch vorgetragenen Angriff auf den gegnerischen Königsflügel. Dem Spielpartner mußte daraufhin schon nach weniger als 10 Zügen die Lust am Spiel vergangen sein. Die Bauernkette war gesprengt, der König in die Mitte getrieben und ein Gegenangriff wurde durch einen zusätzlichen Qualitätsverlust schnell unausführbar. Der Rest war Routine, und Wanja verließ als erster das Brett. 1:0
Karl (2) spielte Nimzowitsch mit Sf3, der Gegner bekam schnell einen positionellen Ausgleich, agierte aber in der Folge zu hastig und schenkte unserem Schachfreund auf diese Weise zwei Bauern. Anschließend versuchte er, Karl noch ein wenig durch Brettgespräche aus dem Konzept zu bringen, aber Karl wollte nicht reden, sondern gewinnen. Er beruhigte in der Folge zunächst die Partie, um dann irgendwann seinen Vorteil einzulösen. 2:0
Ich (3) hatte mich währenddessen, eingekeilt zwischen diesen beiden Hünen, in eine ganz angenehme Spielposition gebracht, verfügte nach zwanzig Zügen über ein besseres positionelles Spiel mit einem starken schwarzfeldrigen Läufer. Aber dann wußte ich nicht mehr, wie es weiter geht. Zwischen einem risikoarmen Abtausch der Figuren in der Mitte oder einem riskanten Angriff auf der H-Linie hätte ich mich wohl oder übel entscheiden sollen. Ich versuchte beides gleichzeitig, und das verbesserte die Stellung des Gegners Schritt für Schritt. Als ich nach drei Stunden auch noch eine Fesselung meiner Dame übersah, blieb mir nur die Aufgabe. 2:1
Währenddessen arbeiteten meine Mitschreiter glücklicherweise weiter kontinuierlich am Mannschaftssieg. Wenig mitbekommen habe ich von Joachims Partie (7), als ich kam, besaß er zwei Mehrbauern und hatte sich in unprätentiösem Stil die Vormachtstellung auf dem Brett erobert. Später gingen dem Gegner auch noch die Figuren aus, und so durfte er am Ende nur noch zum Sieg unseres Spielers gratulieren. 3:1
Ullrich (8) hatte schon in den letzten Spielen seine Vorliebe für sich durchtankende Bauern deutlich gemacht. Heute durfte der weiße C-Bauer ran. Die Stellung offenbarte jedoch einige Tücken, die der Gegner nicht anzunehmen wußte. Statt dessen tauschte er bereitwillig Turm und Dame, wollte Ullrichs ebenfalls schwächelnde Königin nicht in einen Abtausch gegen den Turm zwingen und blieb am Ende ohne leistungsstarke Feldspieler zurück. Noch eine Gratulation! 4:1
Es fehlt noch eine verwirrte Dame, und die trieb sich auf dem ersten Brett herum. Dort hatte Martin wohl weniger mit dem Gegner als mit seinem Ärger über die verpatzte Eröffnung zu kämpfen. Er sah seine Partie schon nach "dem 4. Zug im Eimer". In der Folge hätten beide Seiten sich mit "komischen Zügen" überrascht, kräftig herannahende Bauern erschwerten Martins Position zunehmend - und dann stellte auch er seine Dame zur Verfügung. 4:2
Volkers (6) Gegner wollte nicht aufgeben. Als er noch über zwei Leichtfiguren gegen einen Turm und zwei Bauern verfügte, konnte man diese Hartnäckigkeit verstehen. Aber auch, als er nur noch mit einem Springer gegen einen Turm und zwei Bauern zu spielen hatte, wollte sich der Mann aus Oberschöneweide nicht geschlagen geben. Volker blieb ruhig und lief ausgiebig in der Gegend herum, um die umliegenden Partien zu studieren. Als er dann ans Brett zurück kehrte, um sich mit einer neuen Dame zu versorgen, gab der Spielpartner endlich auf. 5:2
Am längsten spielte Beate. Zum Ausgang des Mittelspiels hatte sie nicht nur einen doppelten Bauernvorteil, auch die vier verbliebenen Landwirtschaftler der Gegnerin hatten sich allesamt isoliert, und bei einem verbliebenen Turm wirkte das Endspiel gewonnen. Aber Beate wollte die ihr gegenüber sitzende ältere Dame nicht düpieren, spielte fürderhin über mehr als eine Stunde einen Positionskampf aus, der fast ins Verderben geführt hätte. Schließlich gelang es ihr doch, den Turm abzutauschen. Die Gegnerin schien inzwischen einem Nervenzusammenbruch nahe. Beates Großzügigkeit war für sie an diesem Tag eine bittere Pille, völlig entkräftet gab sie nach fast fünf gespielten Stunden in aussichtsloser Stellung auf. 6:2
Zurück zum Eingangsthema, der Damenschwäche. Womöglich steht der rare Auftritt weiblicher Mitspieler in den letzten Trainingseinheiten in einem engen Zusammenhang zur fehlenden Sensibilität im Umgang mit den Damen auch im Spiel. Diese - einzige von mir auszumachende - Schwäche des heutigen Spieltages muß in der eindringlichen Bitte an Crit, Sonja, Beate etc. münden, uns baldmöglichst im Rahmen der Sonntagabendtreffen in die verwirrende Spielweise ihrer hölzernen Geschlechtsgenossinnen einzuweihen. Daß die Q-Männer dafür ausreichend geeignet sind, wage ich - entschuldigt bitte - trotz anerkannt gut ausgeprägter "Soft Skills" zu bezweifeln.
Und noch ein wichtiger Punkt. Karin und Holger, unsere zwei "Ausleihspieler" an Q1, haben anderthalb Punkte abgegriffen, wobei es Holger bedeutend leichter hatte, weil sein Gegenspieler nicht auftauchte. Wir gratulieren! Schade, daß es insgesamt für Q1 nur zu einem Remis reichte 9.
Matthias Stöbe
Queer-Springer 3 - SV Königsjäger Süd-West 4
Endstand 5,0 : 3,0
Olympischer Geist
Ein Sieg, der unter erschwerten Bedingungen zustande kam: Seit 1. Februar ist im Rathaus Schöneberg das Rauchen verboten, so dass einige unserer Athleten weite Wege gehen mussten. Ein Queer-Ross quälte sich trotz Angina aus dem Bett, und ein anderes quälte sich aus dem Bett, um auf das olympische Abfahrtsrennen zu verzichten. Man ahnt, dass es sich anders entschieden hätte, wenn die Alternative Mannschaftskampf oder Biathlon mit Uschi Disl gewesen wäre...
Thomas (8) spielte, wie ein Abfahrtsläufer seiner Profession nachgeht: Mutig, schnell, schnörkellos. Ratzfatz lag die gegnerische Stellung in Trümmern, 1.0. Und das trotz Angina. Unser Mannschaftsleiter und Motivator PeterM würde den Speedspezialisten Thomas gern zu einem alpinen Allrounder machen: "Wenn er regelmäßiger spielen könnte, auch mal sonntags im MOM, und dadurch wieder richtig gut rein käme, dann wäre er eine richtig gute Besetzung für die vorderen Brettter der Q3!" Und für den Slalom!
Wolfgang (1) dominierte, wie es sonst nur die deutschen Rodlerinnen tun. Sein Kontrahent hatte mit dem Läufer auf f7 eingeschlagen, Schach! - der König schlägt zurück, und die Rochade ist verdorben. Bei diesem vorwitzigen Manöver wird die Figur eigentlich durch ein Springerabzugsschach auf e5 zurückgeholt. Wolfgang hatte das aber alles vorausgesehen und ging aus dem Scharmützel mit einer Mehrfigur raus. Den Vorteil ließ er sich nicht mehr nehmen, Gold, Silber, Bronze für die deutschen Rodlerinnen und 2:0 für uns.
Michael (7) avanciert zu einem Schlitzohr, meint Peter. Mit guten Ideen, die zu klarem Materialvorteil führten, lag er überlegen in Front wie die amerikanische Snowboardercross-Artistin Lindsay Jacobellis. Die versuchte am vorletzten Sprung einen Trick, stürzte, und eine Schweizerin zog vorbei. Ich weiß nicht, welchen Trick Michael präsentieren wollte, aber auch er beendete die Partie leider als Zweiter, 2:1.
Bei Crit (5) sah beobachtete PeterM, dass "ewig lange ewig viele Figuren auf dem Brett waren, aber alles solide verschachtelt aussah". Viele Figuren auf dem Eis? Das mutet an wie Shorttrack, wuselige Gestalten umrunden ein kleines Eis-Oval, behindern sich gegenseitig, und am Ende gewinnt ein Südkoreaner. Da keine Südkoreaner am Brett saßen, endete die Partie remis, 2,5:1,5.
Curling bei Stefan (6): Er hatte einen Bauern gewonnen. Bloß irgendwie waren seine Besen stumpf, und so gelang es ihm nicht, seinen Bauern ins Ziel, das so genannte Tee, zu wischen, Remis, 3:2.
Erich (4) hatte sich wie der Biathlon-Held Sven Fischer den Weg freigeschossen, in diesem Fall die H-Linie, "was seinen Gegner derart verwirrte, dass er einmal mit einem Turm, den er lange und zaudernd unschlüssig in der Hand hielt, gleich einen Doppelzug machen wollte. Das geht ja wohl nach allgemeinen Schachregeln nicht, und schnell war die Partie für Erich gewonnen", beobachtete PeterM, 4:2.
Welche Olympia-Versager suche ich (3) mir denn aus? Die deutschen Skispringer! Hohe Ambitionen, aber bei der Landung in den Schnee gegriffen. Vielleicht sollte ich mir an der Präsidentin Beate ein Beispiel nehmen und nach einer Party länger schlafen und später erscheinen, dann aber den Telemark stehen. Wobei selbst die Party-Ausrede ins Leere geht, denn auch mein jugendlicher Gegner schien angeschlagen, er gähnte mehrmals herzerweichend. Zum Spiel: ordentliche Geschwindigkeit in der Anlaufspur, zu spät vom Schanzentisch weggekommen, leichte Korrekturen in der Luft und eine hingekachelte Haferl-Landung, 4:3.
Und nun zur Kür! Auf dem Eis: PeterM (2), unser Jewgeni Pluschenko, der überragende Sieger beim Eiskunstlauf. Hier seine Schilderung "Mein - mir ungeheuer sympathischer! - Gegner war wohl zu zurückhaltend. Anstatt mir gleich forsch entgegenzutreten, ließ er mich erst in aller Ruhe dicke aufbauen (vierfacher Toeloop zu Beginn!).
Dann spekulierte ich ein bisschen auf seine Zurückgezogenheit und marschierte mit meinen Königsflügelbauern auf seinen alten Herrn zu ... (dreifacher Axel, kombiniert mit einem dreifachen Rittberger!). Das brachte mir einen gedeckten Freibauern auf e5, und nach weiterem Figurentausch hatte er all seine Bauern auf Schwarz - und dazu einen schwarzfeldrigen Läufer! (Gegner stürzt beim vierfachen Salchow). Nun gelang mir mein wohl schönster Coup: Von d1 über a4 (da drohte ich einen Bauern auf a6 zu schlagen) ging meine Dame nach d7, verschmähte den angebotenen Damentausch auf e7, um sich fett auf e6 - gedeckt von den Bauern auf d5 und f5 - einzunisten. (Was für eine Pirouette, wunderbar zentriert!) Hätte er jetzt die Damen getauscht, hätte ich mit dem d-Bauern geschlagen und also auf e6 und f5 zwei verbundene gedeckte Freibauern gehabt! Die Dame auf e6 aber wirkte für ihn wie Nervengift im Rückenmark: total lähmend! (Der Gegner springt den geplanten dreifachen Axel nur doppelt!)
So konnte ich am Damenflügel jetzt Linien öffnen und mit meinem Turm dort einmarschieren. (PeterM steht den dreifachen Lutz bombensicher!) Sein Turm kam dann zwar auch zu meinem c4- und den anderen Bauern, aber was sollte es noch? Nachdem mein Turm auf b8/b7 Platz gefunden hatte, musste er auf e6 die Damen tauschen. Und dann: Na ja, ein weißer Bauer auf e6 ist halt schneller auf der Grundlinie als ein schwarzer Bauer auf c5. (Noch ein dreifacher Axel, ein dreifacher Flip hinterher!) Und: mein schwarzfeldriger Läufer hätte notfalls ganz entspannt auf c1 geschaut ... (Es fliegen Blumen und Teddybären auf das Eis!)" 5:3!
Und zum Abschluss der Medaillenspiegel:
Queer-Springer: 4x Gold, 2x Silber, 2x Bronze
Königsjäger: 2x Gold, 2x Silber, 4x Bronze
Peter Schmeißer und Sonja Beckmann
Spielberichte vom 4. Spieltag am 22.01.2006
SC Schwarz-Weiß Lichtenrade - Queer-Springer 1
Endstand 3,5 : 4,5
Rudelbildung
Der vorerst und vermeintlich wichtigste Kampf der Saison führte das Schlachtschiff (oder war es ein Schlachtross?) Q I an einem klirrend kalten Tag hinaus ins ländliche Lichtenrade, wo es gleich noch ein paar Grad kälter war (doch!). Vielleicht war es aber auch nur das Frösteln vor einem wichtigen Wettkampf ...
Gegen einen starken Gegner - nur Wildau war bisher ähnlich stark, und gegen Wildau hatten wir im Vorjahr verloren! - traten wir mit beinahe optimaler Aufstellung an.
Wir kamen gut in den Kampf: Zunächst waren wir schon vor den Gastgebern vollzählig, so dass an zwei oder drei Brettern die Zeit zu unseren Gunsten lief. Man hätte auch böse auf die Lichtenrader sein können: Sie locken einen zu frühester Morgenstunde nach jwd, und dann kommen sie selbst nicht pünktlich.
Dann entwickelten sich Partien, die überwiegend nicht so ausgingen, wie man das erwarten konnte:
Norbert (erstmals an 5) war seinem Gegner planerisch und taktisch überlegen. Er baute eine schöne Angriffsstellung auf, während der Gegner über komplizierte Manöver grübelte, die dann gar nicht stattfanden. Als der dann schon knapp an Zeit war, schlug es plötzlich überall ein. Man musste den Eindruck gewinnen, dass er einfach keine Zeit zum Aufgeben hatte. Dennoch war die Partie nach allerlei taktischen Witzen bald zu Ende. 1:0
Martin Z (8) wurde eine ungewohnte Eröffnung präsentiert. Die Partie nahm aber sehr bald den gewohnten Verlauf - sie verwickelte sich. Nachdem ich anfangs an einen klaren Vorteil Martins geglaubt hatte, wusste ich zwischendurch nicht mehr, wer besser steht. Die Erfahrung ließ mich aber ruhig bleiben, und richtig: Martin ging aus den Verwicklungen als klarer Sieger hervor, schließlich musste er nur noch einige Verzweiflungsaktionen des zähen Gegners abwehren, und dann stand es 2:0.
Weniger gut erging es Frank (4): Sein Gegner schien noch immer Theoriezüge abzuspulen, während Frank schon eine Stunde verbraucht hatte. Unglücklicherweise kannte der Gegner offenbar nicht nur die Züge, sondern auch die Ideen der Eröffnung. Frank entwickelte schöne Pläne, aber sie wurden gekontert, und bald sah die feindliche Angriffsstellung bedrohlich aus. Bei seiner Suche nach Gegenspiel verlor Frank eine Qualität, und die Intensität des Angriffs wurde davon auch nicht geringer. 2:1.
Tigran (1) stand für meinen Geschmack in der Eröffnung klar besser. Die schwarzen Springer drängte er zurück; sie standen - so dachte ich - sich gegenseitig und den anderen Figuren im Weg herum. So einfach war die Sache aber nicht. Die Vorgerückten Bauern Tigrans drohten schwach zu werden, und bald stand der Gegner zu "Sprungfederaktionen" bereit, und Tigran war wohl am Ende gut beraten, das Remisangebot zu akzeptieren, zumal in diesem Moment der Mannschaftskampf günstig stand. 2,5:1,5.
Einen unglücklichen Tag hatte der bislang effektivste Spieler der Q I, Wolfgang B (6): Er spielte gegen Peter Kiesewetter. Der erschien spät und tat dann, wofür er bekannt ist: Er unterhielt sich lustig mit Wolfgang. Es mag keine Absicht gewesen sein (und Wolfgang mag ihn auch gut leiden), aber meist lief während der Scherzereien Wolfgangs Uhr. Es machte den Anschein, als ob Wolfgang davon aus dem Wettkampfmodus gebracht worden ist, denn während er anfangs sehr schön stand, wurde anschließend seine Stellung aufgebrochen. Gegen den Angriff eines guten Läufers und zweier Türme stand Wolfgang mit zwei Türmen und Springer, und er konnte das Eindringen der gegnerischen Kräfte in seine Königsstellung nicht lange aufhalten. Dabei verlor er eine Qualität, die der Gegner sicher verwertete. 2,5:2,5
Meine Partie (3) sah die Rudelbildung im Kleinen. Mein Gegner, den ich aus dem Jugendkader kannte, spielte die Eröffnung aggressiv und gut, und ich bot ein Bauernopfer an, um mich nicht defensiv aufstellen zu müssen. Das Angebot blieb aufrecht erhalten, und schließlich kam die Stellung heran, in der das Opfer angenommen werden musste, bevor sich meine Bauern wieder in Sicherheit bringen würden. Die Alternative war, ruhig auf Ausgleich zu spielen. In dieser Situation ging mein Gegner zu seinem Kapitän und sprach mit diesem, was ich befremdlich fand. Auf meine Nachfrage erklärten mir die beiden, dass es natürlich nur um Mannschaftstaktik ginge ... Das Opfer wurde angenommen, als mein Gegner wieder am Brett erschien. Ich beschloss, mich nicht auf Regelstreitigkeiten einzulassen, sondern mich um die Kompensation zu kümmern ... Tatsächlich dauerte es auch nur ein paar Züge, bis die ersten unangenehmen Drohungen auftraten. Der Preis für den Bauern war das Verbleiben des gegnerischen Königs im Zentrum gewesen, und nach zwei ungenauen Zügen musste der König mir ein Stück entgegen kommen. Dann noch eins, und noch eins. Da wir inzwischen beide knapp an Zeit waren, suchte ich nur kurz nach Matts und sammelte dann schnöde die Untertanen ein, die seine Majestät auf der Flucht vor meinen Schwerfiguren zu opfern geruhte. Als er auch noch sein Weib hergeben musste ... 3,5:2,5
Zwei Partien bleiben übrig, und beide sahen nach halbwegs sicheren Siegen für uns aus ...
Björn hatte seine Partie sachlich und eigentlich überlegen geführt und seine positionellen Vorteile schließlich in einen Mehrbauern umgerubelt, den er nun im Endspiel zu verwerten sich anschickte. Das war nicht ganz leicht, weil der gegnerische Läufer sich als etwas stärker erwies als der eigene Springer. Wie sich in der Analyse zeigte, hätte man für den Sieg jedenfalls noch einige unklare Momente durchstehen müssen. In der Partie allerdings gab Björn den Mehrbauern zurück, und es stellte sich heraus, dass der feindliche König nicht von den eigenen Königsflügelbauern fernzuhalten war. Der Alte näherte sich unzüchtig ... und die Rollen hatten gewechselt - nun musste Björn nach Gegenspiel suchen. Das fand sich, es war allerdings zu langsam ... 3,5:3,5!
Richtig aufregend war es trotzdem nicht, denn zu diesem Zeitpunkt stand Stefan (2) schon zu gut, um noch Zweifel an seinem Sieg aufkommen zu lassen. Stefan, der sich in einem international operierenden Unterhaltungsmedium den Kampfnamen "Kätzchen" bzw. neuerdings "Raubkatze" verdient hat - was übrigens, ganz im Gegensatz zu Stefans Körpermasse, stark an Sumoringen erinnert -, hatte seine Partie sehr solide, geradezu unkatzenhaft, angelegt. Insofern war ein weiterer Rollentausch festzustellen, denn meine Partie hatte durchaus Katzenschachcharakter. Jedenfalls war Stefans Stellung immer in Ordnung, wenn auch allenfalls minimal vorteilhaft. Bei relativ knapper Zeit vergrößerte sich Stefans Vorteil dann allerdings dramatisch. Unter Ausnutzung taktischer Motive gelang es ihm, zwei verbundene Freibauern zu installieren und immer weiter nach vorn zu treiben. Schließlich musste der Gegner dem drohenden Landvolk immer mehr Tribut zollen - ein Bauer nach dem anderen fiel, und die verbundenen Freibauern standen auf der drittletzten Reihe, als der Gegner endlich aufgab. 4,5:3,5.
Es gelang also ein knapper und dennoch relativ sicherer Sieg. Nun kommt es zur Rudelbildung im Großen: Vier Mannschaften sind punktgleich an der Spitze, und es könnte auf ein Brettpunkte-Wettsammeln hinauslaufen, weil nur eine Mannschaft aufsteigen kann. Wer gelegentlich Fußball sieht, weiß es: Wenn sich erst mal ein Rudel gebildet hat, kann alles passieren, und mitunter bekommen die Falschen die roten Karten! Sehen wir zu, dass wir kräftig austeilen ... und doch bis zum Ende dabei bleiben!
Holger Franke
SC Kreuzberg 9 - Queer-Springer 2
Endstand 4,5 : 3,5
Schon mal prophylaktisch gegen den Aufstieg gespielt...?
Dieser Eindruck blieb bei einigen Mitgliedern von Q2 an diesem eisigen, aber sonnigen Wintertag nach dem Spiel zurück. Vielleicht haben wirklich einige gespürt, dass wir in diese Klasse gehören, und deswegen diese knappe Niederlage zurechtgezimmert. Dabei fing es eigentlich recht vielversprechend an: "Warum bin ich eigentlich so früh aufgestanden?" wird sich Joachim gefragt haben, weil sich so gar niemand für ihn interessierte. Am wenigsten interessierte sich sein Gegner für ihn. Dieser hatte wohl lieber sein warmes Bett vorgezogen. Eine weise Entscheidung: 1:0 für uns.
Indes hatten Holger und Matthias sich früh von unnötigem Ballast getrennt und gleich mal die Damen abgetauscht. "Schuster, bleib bei deinem Leisten", sagte sich Martin Groß und verteidigte sich königsindisch. Ulrich wählte hingegen die Sizilianische Verteidigung und spielte eine sehr aussichtsreiche Stellung heraus.
Martin Langes Gegner versuchte mit Vehemenz, die zwei zentralen Bauern als Freibauern zu aktivieren. Von diesen Aktivitäten ließ sich Martin nicht beirren. Er konterte eiskalt und sicherte sich mit einem Damenschach die zum Gewinnen notwendige Qualität. 2:0.
Holger einigte sich mit seinem Gegner auf Remis. 2 ½ : ½.
Volkers Gegner erspielte sich auf der g-Linie einen Freibauern. Einer kommt selten allein. Als der zweite auf der e-Linie hereinbrach, gab sich Volker geschlagen. 2 ½ : 1 ½.
Der Gegner von Martin Groß hatte seiner soliden königsindischen Spielweise nichts entgegenzusetzen. Er nutzte all seine Chancen nicht und musste aufgeben. 3 ½ : 1 ½.
Matthias focht eine verwirrende Offiziersschlacht aus, in der er aber immer die Oberhand zu haben schien. Er war sogar so tollkühn, dass er mit seinem Läuferpaar die beiden gegnerischen Türme austricksen wollte. Das fand sein Gegner nun gar nicht mehr lustig und eroberte sich im Gegenzug eine Qualität. 3 ½ : 2 ½.
Ullrichs Gegner hatte lang rochiert und eine kuriose Kette aus vier Bauern gegen Ullrichs schwarze Rochadestellung aufmarschieren lassen. Diese fanden ihr Ziel dann doch unerwartet und wurden gefährlicher, als sie aussahen. 3 ½ : 3 ½.
Ich hätte diese Stellung lieber als meine eigene gehabt, in der bis zum 39. Zug bis auf meine Zeitnot nichts Bemerkenswertes geschah. Im 40. Zug hatte ich noch zwei Minuten auf der Uhr und machte deswegen einen Zug, der eigentlich keinen Sinn hatte. Das wird normalerweise wie auch in diesem Fall knallhart bestraft. Mein Gegner nahm plötzlich das Heft des Handels in die Hand, so dass ich die Remisstellung nicht länger remis halten konnte. Die Zeitnot hatte ich besiegt, den Gegner aber leider nicht. 3 ½ : 4 ½.
Wanja Koischwitz
Nachtrag: Queer-Springerin in anderem Parcours erfolgreich
Karin Timme spielte an diesem Wochenende Damenbundesliga für den SAV Torgelow. Sie erkämpfte ein Remis gegen WM Iris Mai, und den Torgelowerinnen gelang ein 3:3 beim SC Rotation.
Schwarz-Weiß Neukölln 4 - Queer-Springer 3
Endstand 2,5 : 5,5
Geiseldrama in der Gropiusstadt
Nun wohne ich schon 26 Jahre in Berlin, aber am vergangenen Sonntag war ich das erste Mal in der Gropiusstadt. Das ist erstaunlich, denn die Gropiusstadt war die zweite Berlin-Impression in meinem Leben. Die erste war ein 500-Teile-Puzzle, Motiv Kurfürstendamm, links das Kranzler, hinten die Gedächtniskirche, die Autos waren noch nicht aerodynamisch gleichgeschaltet, die Menschen trugen eigenartige Brillen. Mit 13 Jahren las ich das Buch "Christiane F. Wir Kinder vom Bahnhof Zoo", damals wohnte ich im beschaulichen Uelzen. Ich war fasziniert von der Ghetto-Geschichte: Rebellion, Drogen, Prostitution, Hochhäuser, Freiheit, Absturz, Tod, kein Buch in meinem Regal sieht so zerlesen aus wie Christiane F.
Am vergangenen Sonntag lag die Gropiusstadt vereist in friedlich blinzelnder Wintersonne. Um neun Uhr waren wir erst 5 Queer-Springer, Helge kam leider nicht aus Kopenhagen weg, dort war der Flughafen vereist, dazu blieb Brett 2 frei, und Michael war noch unterwegs. Auch die Neuköllner mussten ein Brett freilassen, natürlich gegen Peter (3). Bei Spielbeginn stand es also 2:1 für die Schwarz-Weißen. Dann aber drehten die Regenbogenfarbenen auf!
Holger hatte mir (4) aufgetragen, kein Häschenschach zu spielen. Diese motivierende Frechheit ließ eine aggressive Laune in mich fahren. Zudem durfte ich meine Lieblingseröffnung spielen, nach 26 Zügen gab mein Kontrahent auf. Spielentscheidend war ein vorwitziges Ross, das von a6 aus einen gewaltigen Ausritt startete. 2:2
Auch an allen anderen Brettern sah es gut für uns aus. Michael (8) war inzwischen eingetroffen, hatte seinem jungen Gegner einen Läufer geraubt und musste bloß noch verwerten. Kleines Problem dabei: Manchmal hat Michael ein allzu nonchalantes Verhältnis zu irdischen Dingen wie Schachuhren. Doch es ging alles gut, irgendwann drückte er sie doch, und die Zeitkontrolle war überstanden. Michael schnürte seinen Gegner ein, kurz bevor er ihn matt setzen konnte, ging er raus, um zu rauchen. Und kam und kam nicht wieder, diskutierte mit einem Schachfreund, welches Land das schlimmere Regime habe: Iran oder Irak? Das Ergebnis dieser anregenden Diskussion kenne ich nicht, war aber froh, dass Michael noch Zeit fand, das Spiel siegreich zu beenden. 2:3
Crit (6) sezierte des Neuköllners Stellung mit der Präzision einer Pathologin. Erst nutzte sie kleine Schwächen in der weißen Stellung, um ihre Werkzeuge in Stellung zu bringen. Dann folgte der große Y-Schnitt, mit dem Leichen geöffnet werden. In den Eingeweiden fand sie einen Läufer. Noch tiefer wurde aus dem Läufer ein Turm. Die Stellung des Schwarz-Weißen war hoffnungslos: Sein König irrte, von Crits Turm bewacht, über das Feld, zwei Bauern waren verkeilt, Crit schob einen Freibauern nach vorn. Doch der Gegner gab nicht auf. Immer mehr mutete das Schauspiel wie eine Geiseldrama an. Wo ist es gefährlicher: Im Irak oder in Neukölln?
Stefan (7) hatte leichtes Spiel, neben der Qualität hatte er zwei Bauern mehr, die gemeinsam gen Damenumkleide schritten. Erich (5) raubte Bauer um Bauer, das sah sehr hübsch aus.
Plötzlich Unruhe an Brett 6: Hatte das Auswärtige Amt seine Drähte glühen lassen? Drohte die GSG 9 mit einem Einsatz? Das wird erst ein Untersuchungsausschuss klären können. Geisel Crit jedenfalls nahm den Glückwunsch entgegen und war frei! 2:4
Erichs Pferd tänzelte leichthufig über das Brett und drohte den beiden Ghetto-Türmen finstere Gabeln an. Entnervt gab der Kontrahent auf. 2:5
Stefans Stellung war zwar überlegen, doch es gelang ihm unerklärlicherweise nicht, den Vorteil in einen Sieg umzumünzen. Immer neue Hindernisse stellten sich malefizartig seinen Freibauern in den Weg. Stefan willigte ins Remis ein. 2,5 : 5,5
Ich hatte mir die Gropiusstadt aufregender vorgestellt, aber die Zeiten haben sich geändert. Und wir uns in ihnen, mit 5 Punkten aus 4 Mannschaftskämpfen ist gar der Aufstieg nicht ausgeschlossen.
Sonja Beckmann
Spielberichte vom 3. Spieltag am 04.12.2005
Queer-Springer 1 - SK König Tegel 1949 3
Endstand 7,5 : 0,5
Advent, Advent, König Tegel brennt!
Diesmal war es wieder eine klare Sache für Q1. Die 3. Runde der BMM endete am 2. Advent im Rathaus Schöneberg mit einer Ausbeute von 7.5 Punkten. Am Brett 2 wurde der erste Zähler bereits nach einer Stunde souverän von Frank eingefahren, da sein Gegner nicht kam. Recht kampfeslustig hingegen ging es an den meisten anderen Brettern zu, wobei einige interessante Stellungsbilder zu beobachten waren.
So hatte sich der Gegner von Martin Z. dazu verleiten lassen, seine Königsbauern laufen zu lassen. Der entblößte König wurde daraufhin durch geschickte taktische Sticheleien auf die Wanderschaft geschickt und fand schließlich am Damenflügel seine letzte Ruhe.
Sehr Opferfreudig ging es auch am Brett 8 zu: Nach einem vergifteten Springeropfer auf f7 konzentrierte unsere Wahlbremerin Beate ihr ganzes Holz auf den gegnerischen König, der letztlich erdrückt wurde.
Wolfgang (Brett 4) war mit den weißen Steinen sehr vorteilhaft aus der Eröffnung heraus gekommen; sein Königsbauer war bereits auf e5 vorgerückt und hatte folgenschwere Schwächen auf d6 und f6 verursacht. Als ich einige Minuten später wieder einen Blick auf die Stellung warf, besaß Wolfgang bereits die Qualität mehr. Dieser Vorteil wurde im weiteren Spielverlauf dann auch sicher verwertet.
Weihnachtlich bedächtig ging es zunächst am Brett 1 zu: Nachdem die Glocken des Rathauses geläutet hatten, waren die Kontrahenten erst bei dem 16. Zug angelangt. Die Stellung schien mir zu diesem Zeitpunkt noch im Lot zu sein. Zehn Züge später hatte Stefan in einer für ihn bereits vorteilhaften Stellung für die verbleibenden 13 Züge noch 6 Minuten, sein Gegner noch ganze 3 Minuten auf der Uhr. Da das Endspiel (jeweils Turm + Leichtfigur) durch weitere Bauernverluste hoffnungslos schien, gab Stefans Gegner kurz vor Plättchenfall (gerade noch rechtzeitig) die Partie auf.
Am Brett 3 konnte Norbert durch den Besitz eines aktiven Läuferpaares und eines Mehrbauern schon früh die Grundlage für seinen späteren Sieg legen. Björn (Brett 5) erzielte ebenfalls einen vollen Punkt, wobei ich nicht nachvollziehen kann, warum sein Gegner dann so plötzlich verlor, da die Partie bei meiner letzten Inspektion noch offen schien.
Leider habe ich (Martin L., Brett 7) es nie gelernt, in akuter Zeitnot so locker und entspannt zu bleiben, wie ich es noch vor kurzem am Brett 1 beobachten durfte. Nach seinem 40. Zug bot mir mein Gegner Remis an, was ich mit einer Minute auf der Uhr schließlich (ungerne - oder feige ?) annahm, da die Stellung durchaus noch beidseitige Chancen bot und der 40. Zug kritisch war.
Martin Lange
Queer-Springer 2 - Rochade 4
Endstand 6,0: 2,0
Schach im Zeichen der Fußball-WM
Nachdem wir am Ende der letzten Saison schon einmal das Vergnügen hatten, bei Rochade 3 anzutreten, war am Sonntag Rochade 4 zu Gast. Es sollte eigentlich eine lösbare Aufgabe sein, und so schien die Stimmung an den Q2-Brettern zunächst gelassen. Aber der Gegner offenbarte sich als zäher Brocken - unsere Mannschaft durfte an diesem Tag am längsten den Saal bevölkern. Lange, nachdem die erste und dritte Mannschaft den Sieg eingefahren hatten, spielten in unserem Match immer noch vier Paare. Daß der Sieg am Ende doch klar ausfiel, war dabei vor allem dem Umstand zu verdanken, daß die Bretter 5 bis 8 dem Gegner nicht mal einen halben Punkt gönnten.
Wieder einmal versuchte ich mich im weißen Damenbauernspiel - Beate würde es als "Malen nach Zahlen" bezeichnen - keine schlechte Wahl, wenn man auf die bemerkenswerten Ergebnisse der Damenfußballmannschaften dieses Landes sieht. Folgerichtig konnte ich meine Partie als erster beenden. Der Gegner hatte sich zäh verteidigt, den obligatorischen Königsangriff mit Mann und Maus zum Erliegen gebracht. Allen voran standen mir zwei schwergewichtige Turmhünen im Weg. Dem finalen Abtausch fielen dann fast alle Schwer- und Leichtfiguren zum Opfer. Die bessere Endspielposition fiel dabei aufgrund des stärkeren weißfeldrigen Läufers gegen einen eingeklemmten Springer mir zu, und die Verwertung stellte nach dem nervenaufreibendem Mittelspiel kein Problem mehr dar. 1:0
Kurze Zeit später ging Ullrichs Spielpartner in die Knie. Ullrich glich seinen Zeitnachteil von 25 Minuten : mit aggressiver englischer Spielweise aus. Dem Gegner ging im Mittelspiel ein Bauer verloren, Ullrich beharrte auf dem Läuferpaar, und dieser Flügelzange waren die Verteidiger nicht gewachsen. Ein paar wuchtige Kopfbälle, und der Gegner wurde mit einem Angriff auf den Königsflügel gnadenlos überrannt. 2:0
Am Brett 3 hatte sich Karl dagegen mit Schwarz im Französischen versucht. Wie man weiß, ist die französische Mannschaft nach ihren furiosen Ergebnissen bei der WM 1998 und der EM 2000 etwas in Selbstgefälligkeit und Überalterung versunken. Immer zu tief stehend waren die Angriffsbemühungen in den letzten Jahren immer etwas phlegmatisch. Im Kampf um eine offene Linie hatte Karl schnell einen hängenden Bauern auf der e-Linie, der verteidigt werden sollte, aber wenig Gegenleistung für diesen Versorgungsanspruch brachte. Die weißen Leichtfiguren versuchten sich nun an der schwarzen Königsstellung. Die Stellung war schwierig, und Karl kam bei einem offenen Wort zu der Feststellung, daß er kein Französisch könne. Diese demütige Haltung möchte ich als die Wurzel des französischen Spielwitzes bezeichnen, und so entwich unser Mittelfeldmann langsam den Umklammerungsversuchen. Das Remis war der verdiente Lohn. 2,5:0,5
Bekanntes begab sich derweil am Brett 2, hier spielte weißfarbig Martin. Understatement und die Lust an der Verwicklung zeichneten auch am heutigen Tag die Partie des Sportfreundes aus. Aus einer tiefen Deckung operierend ließ Martin den Gegner erst mal kommen. Dann wechselte er aus seiner Standarderöffnung heraus und entschied sich für einen isolierten Doppelbauern, mit dem er den Gegenüber fürderhin zu necken beabsichtigte. Aber dieser Idee fehlte es nach Martins Aussage an Durchschlagskraft. Als ich die Partie im 33. Zug sah, war Martin mit den beiden Mittelbauern nach vorne geprescht (d5, e6). Eine Verwertung schien jedoch ein eher zähes Unterfangen. Wenige Züge später einigten sich beide Kontrahenten auf ein Remis, mit zwei verbliebenen ungleichfarbigen Läufer und je einem Turm hatte sich die Partie festgefahren. 3:1
Währenddessen stand Wanja zeitlich schon unter Druck. Schwarzfarbig sah er sich einem Damengambit gegenüber. Beide Kontrahenten hatten kurz rochiert und verkeilten sich fürderhin in Positionskämpfen. Als ich eine (unsportliche) Zigarette rauchen ging, hatte ich kein so gutes Gefühl, aber 5 Minuten später hatte Wanja nach erfolgter Zeitkontrolle den Gegner ähnlich den Münchner Bayern in der Nachspielzeit in einen fiesen Abzug getrieben. Dieser kleinen Kombination folgte ein gepflegtes Kurzpaßspiel, die Dame betätigte sich als Spielgestalterin, was den gegnerische Königs-Tormann verwirrte. Er irrte ziellos durch den eigenen Strafraum und wurde vor der schwarzen Abwehrkette gestellt, als er sich schließlich gezwungenermaßen als Stürmer hervortat. 4:1
Joachim ähnelt spielerisch wohl am ehesten den afrikanischen Fußballmannschaften. Hier verdient das Spiel noch seinen Namen. Man neckt sich auf dem Spielfeld, und es wogt auf und nieder, die Mannschaften suchen das schöne Spiel, verweigern sich rustikalen Methoden. Der Gegner besetzte erst mal das Mittelfeld, und Joachim ließ daraufhin sein Flußpferd zu Wasser. Was dann folgte, war für mich als in diesem schachlichen Metier unbewanderten Zuschauer oft verwirrend. Mit geballter Schwerfigurenpower wurde im Mittelspiel rochiert, chargiert, und keiner der Spieler kam vor lauter Spielfreude auf die Idee, mal auszuwechseln. Joachim, in dieser Saison mit weißer Weste, wollte selbige auch an diesem Sonntag nicht beschmutzen lassen. Und so entschied er schließlich diese Partie souverän zu seinen Gunsten. 5:1
Karin hatte mit Schwarz am ersten Brett einen schweren Gegner erwischt. Als ich zum 25. Zug ans Brett trat, waren die Leichtfiguren schon aus dem Spiel. Wie in Joachims Partie wurde auch hier in der Folge ein wildes Verschieben der Türme geprobt. Der Kampf schien zäh, die weiße Bauernübermacht auf dem Königsflügel bewegte sich in der Folge in geschlossener Formation unangenehm auf die schwarzen Linien zu. In die Verteidigungsarbeit eingebunden gelang es Karin nicht, ihre eigene Bauernvorteile auf dem anderen Flügel zu aktivieren - so mußte sie sich schließlich geschlagen geben. 5:2
Am längsten hielt sich heute Volker am Brett. Ähnlich Martin hatte er ebenfalls den d- und den e-Bauern in die gegnerische Deckung hineingeschoben. Einen Abtausch beendete er mit einem Mehrbauern. In der Folge ereignete sich Merkwürdiges. Denn nach einem weiteren Abtausch hing der schwarze König auf der siebten Reihe, und der schwarze Turm vergnügte sich auf dem Damenflügel, während am Königsflügel eine Revolution anzubrechen drohte - zwei einzelne weiße Bauern hatten freien Blick auf die Krönungsfelder. Der Gegner konnte in den folgenden beiden Stunden nur noch mit dem Kopf schütteln. Wenigstens eine Stunde hätte man ihm erlassen können, aber ein gelassener Volker wollte diese Position nicht schamlos ausnutzen. So wogte die Partie noch etliche Male hin und her, Volker verwertete schließlich, und der Gegner gab ohne Zeit und ohne ansprechendes Spielmaterial schließlich entnervt auf. 6:2
Sehr anstrengend, sehr vielfältig in der Spielanlage und am Ende sehr erfolgreich! Schaun mer mal!
Matthias Stöbe
Queer-Springer 3 - Lasker Steglitz &
Endstand 5,0 : 3,0
Q3 feiert historischen Sieg
Erst mal ein Nachtrag zum zweiten Spieltag, unserer Seeschlacht gegen den Zehlendorfer Nachwuchs: Der Internationale Seegerichtshof in Hamburg hat entschieden, dass das Schulschiff des Gegners mit einem nicht gemeldeten Piraten an Brett 8 besetzt war, was Stefans Remis in einen ganzen Punkt verwandelt. Damit endete die Schlacht 4:4. (Aktenzeichen SOS 2005)
Vorweg eine Entschuldigung: Ich würde gern den gepflegten Ball aufnehmen, den Matthias kickte, aber ich hab nicht allzu viel gesehen, weil meine eigene Partie in die Verlängerung ging.
An Brett 8 trägt unser Spieler den gleichen Namen wie der Trainer von Werder Bremen, nämlich Thomas Schaaf. Und unser Thomas imitierte den offensiven Geist des Bremer Spiels, spielte Pressing und stellte schnell zwei Bauern vom Platz. Nach einem eleganten Spielzug des magischen Dreiecks aus Läufer, Turm und Bauer sank der Steglitzer König ermattet danieder, 1:0.
Stefans (6) Partie war schnell vorbei, man einigte sich auf ein Remis durch Zugwiederholung, 1,5 : 0,5.
Übrigens ist Lasker Steglitz 6 ein nettes Nachwuchsteam, betreut von einer rührigen Mannschaftsleiterin. Zwischendurch suchte sie das Gespräch mit mir, von Frau zu Frau, so viele gebe es im Schach ja nicht. Ich dachte, diese Form der Frauensolidarität sei seit den Zeiten der BH-Verbrennungen ausgestorben...
Ludwig (4) hatte früh Qualität und Bauern gewonnen, allerdings in der zweiten Hälfte wieder hergeben müssen. Sein Kontrahent bot remis, doch Ludwig spielte beherzt auf Sieg. Der entscheidende Treffer wollte nicht fallen, es blieb unentschieden, 2:1.
Hat Peter (2) Anleihen bei Bundestrainer Jürgen Klinsmann genommen? Einen Mentalcoach verpflichtet? Amerikanische Motivationsgurus konsultiert? Kaltblütiges war zu beobachten: Es war nämlich so, dass unser Mannschaftsleiter dem Gegner in eine Bauerngabel lief, einen Läufer abgeben musste, der allerdings mit letztem Atem äußerst energisch einen Bauern raushackte, so dass Peters Gegner dies für ein raffiniertes Opfer zu halten schien. Mit Erfolg, er gab seinerseits den Läufer zurück und versaubeutelte das Endspiel, 3:1.
Leider hab ich von Crits (5) Partie kaum was mitbekommen, stets, wenn ich vorbeikam, sah Crits Stellung äußerst solide aus. Und so stand es bald 4:1. Michael (7) fluchte schon nach einer halben Stunde, dass er schlecht stehe. Dafür hielt er sich sehr lange, doch schließlich ging nichts mehr, 4.2.
Helge (1) hatte es mit der rührigen Steglitzer Mannschaftsleiterin zu tun, die ihre Schützlinge mit Getränken und Keksen versorgte. Weniger liebevoll behandelte sie ihre Figuren, geradezu stiefmütterlich fand ein Läufer gar nicht ins Spiel. Unser Danish Dynamite verfügte über eine überlegene Spielanlage und netzte souverän zum 5:2 ein.
Mein Kontrahent (3) wollte leider nicht Russisch mit mir spielen, es hätte so schön zu den winterlichen Temperaturen gepasst. Egal, ich raubte früh einen Bauern und fühlte mich mit einem kecken Läuferpaar und überhaupt ganz wohl. Als ich ins Endspiel abwickeln wollte, patzte ich - weg war der Bauer. Schlimmer noch, dass nun ein Freibauer gen 8. Reihe strebte. Es folgte ein langer, zäher Kampf, als ich gegen Ende der 5. Stunde missvergnügt aufgeben wollte, fiel mein Plättchen, 5:3.
Ein historischer Tag: Wir feiern den ersten Sieg von Q3!
Sonja Beckmann
Spielberichte vom 2. Spieltag am 30.10.2005
BSC Rehberge 2 - Queer-Springer 1
Endstand 5,0 : 3,0
Der kleine Horrorladen
Unter dieser Überschrift hätte ich mich schon eine Weile über das Spiellokal auslassen können, aber es gibt inzwischen Schlimmeres zu beklagen als ein wenig appetitliches Vereinsheim: die historisch erste Auswärtsniederlage von Q1 steht in den Protokollen!
Wir waren zwar mit einem freien Brett, aber doch mit Optimismus in den Kampf gegangen. Und zunächst schien auch alles gut zu verlaufen, unsere alte Auswärtsstärke schien uns Stellungen einzutragen, die einen Sieg trotz Unterbesetzung wahrscheinlich werden ließen:
Wolfgang (5) hatte bereits nach wenigen Zügen einen Bauern mehr, und eine Kompensation war nicht in Sicht. Wanja (der an Brett 8 aushalf) hatte für meine Begriffe am Ende der Eröffnung etwas wie eine positionelle Gewinnstellung. Gerrit hatte zwar einen Bauern eingestellt, aber dafür als Gegengeschenk eine Qualität erhalten. Peter (3) war dabei, einen gemütlichen Königsangriff vorzutragen, während sein Gegner kein rechtes Gegenspiel fand. Norbert (4) hatte in der Eröffnung seine Figuren auf gute Felder gebracht und die gegnerischen ziemlich durch die Gegend gescheucht, so dass auch er eine deutlich bessere Stellung haben musste, obwohl die Dinge nicht so klar waren. Auch mein Gegner (2) hatte die Eröffnung nicht ganz sauber behandelt, so dass ich zumindest nichts zu befürchten hatte.
Dann aber kam ein kleines Live-Horrorstück:
Wie in einem schlechten Serienkiller-Film fing es an: Eben noch eine blühende junge Frau (oder so), war Wanja plötzlich einfach verschwunden. Während man im Film wohl einen blutgetränkten Seidenschal gefunden hätte, war hier von der Requisite als Böse-Ahnungen-Katalysator ein weißer König mitten auf dem Brett zurückgelassen worden - das Opfer hatte Schwarz! Düstere Orgelmusik und 0:2.
Die Nächste: Norbert war zwischenzeitlich mit Bauern auf den weißen König losgerannt. Alles sah gut aus. Dann kam auch hier der Irre mit dem Eispickel: Er pickte Norbert sein ganzes Bauernzentrum raus, und obwohl der weiße König ganz abgeschnitten und die Partie beinahe gewonnen war, waren am Ende zu viele weiße Mehrbauern unterwegs, und Norbert musste sich in sein Schicksal fügen. 0:3
Wolfgang hatte seinen Mehrbauern zurückgegeben, dafür aber eine sehr gute Stellung bekommen. Es gab ein kurzes (nach Zügen, es dauerte aber viele Minuten) taktisches Aufeinanderprallen, auf das der Serienkiller nicht recht vorbereitet war. Das Opfer entkam souverän. 1:3
Der Plotter Peter tat, was man von ihm erwarten konnte: Er erhöhte den Thrill, indem er die Episode einbaute, in der wie aus dem Nichts ein Opfer aus dem direkten Dunstkreis des Erzählers kommt: Neben mir sitzend und schon mit einem Mehrbauern und immer noch mit einem gefährlichen Angriff ausgestattet, übersah er einen letzten Trick, verlor einen Turm (was noch eingeplant war), konnte aber doch nicht Mattsetzen (was nicht mehr eingeplant war) ... Der Killer hatte mir die Tochter (besser: die Stiefmutter) vom Busen gerissen! Schon 1:4.
Nun wäre ich also dran! Was tun? Woher wird der Angriff kommen? Nun, er kam direkt von vorn, der Mörder sprang mich praktisch an. Aber sein Figurenopfer führte am Ende nur zu einer Abwicklung, nach der er mit Springer und Bauern gegen meinen Turm verblieb. So kann man natürlich keine Beute machen. 2:4
Und dann der Kampf der beiden höheren Töchter Martin Z (6) und Gerrit (7): Sagen wir so: Sie bissen und kratzten, sie wollten ihn dingfest machen, wussten aber nicht recht, wie. Der Psychokiller schlug (doch, wirklich!) mit Regenschirmen und Handtaschen zurück. Es war zum Heulen. Am Ende mussten beide ins Remis einwilligen, was wohl nur bedeuten kann, dass in diesem verkorksten Stück der Mörder am Ende über die Grenze nach Mexiko - oder Reinickendorf - entkommt.
Was für ein Schund! Man hätte zur Pause gehen sollen!
Holger Franke
SK Zehlendorf 6 - Queer-Springer 3
Endstand 4,5 : 3,5
Fröhlicher Ausflugsdampfer bringt Schulschiff einer Bundesliga-Armada ins Schlingern
Wir hatten große Pläne: Es sollte der erste Sieg von Q3 werden. Peter hatte sich eine Überschrift gewünscht: "Fröhlicher Ausflugsdampfer kapert Schulschiff einer Bundesliga-Armada" sollte das Werk heißen. Ich hatte viele Begriffe aus der Wortfamilie Schifffahrt im Kopf, um einen hochseetauglichen Spielbericht zu schreiben. In unserem Seesack lag eine Regenbogenflagge, auf die wir einen kleinen Piraten mit Augenklappe und Holzbein genäht hatten. Die Flagge wollten wir nach erfolgreicher Schlacht auf der Hans Rosenthal - so hieß das Zehlendorfer Schiff - hissen.
Mit hochkarätiger Besetzung stießen wir in See, Helge aus Dänemark und Uwe aus Dortmund waren an Bord, und Wolfgang hatte seine Orgel im Heimathafen gelassen, um unsere Schiffssirene erklingen zu lassen.
Leider dauerte es nicht lange, bis sich Pirat Erich (7) seinem jugendlichen Gegner ergeben musste, Zehlendorf ging mit 1:0 in Führung.
Ludwig (5) segelte in ruhigem Fahrwasser. Dabei versenkte er zwei feindliche Bauern und ging in ein Endspiel mit Turm und Läufer sowie fünf Bauern gegen Turm und Springer mit drei Bauern. Sein Gegner kämpfte tapfer - und schließlich warf ihm Ludwig einen Rettungsring zu, remis. 1,5 : 0,5.
Einst war Spanien eine Weltmacht, das war die Zeit der Katholischen Könige (1479 bis 1516) sowie die Regentschaft von Karl V. (1516 bis 1556) und Philipp II. (1556 bis 1598). Damals beherrschte die spanische Armada die Weltmeere. Uwe (6) ließ sich davon inspirieren und wählte - gegen sonstige Gewohnheiten - die spanische Eröffnung. Anno 1588 kam es zur Schlacht im Ärmelkanal, die überlegene Armada kämpfte gegen die Flotte Englands unter Führung von Sir Francis Drake. Die Engländer vermieden den Nahkampf und setzten auf ihre überlegene Schiffsartillerie. So wurde es nichts mit der Eroberung Englands, die Spanier zogen ab. Fatalerweise wählten sie die nördliche Route um Schottland, kamen in schwere Stürme und erlitten hohe Verluste, nur wenige Schiffe erreichten Spanien. Auch Uwe erlitt einen schweren Verlust, er musste den guten spanischen Läufer gegen zwei lumpige Bauern hergeben. So wurde es nichts mit der Eroberung des schwarzen Königsflügels. Man einigte sich auf remis - Uwe wählte die südliche Route um Schottland und erreichte bei strahlendem Sonnenschein den Dortmunder Hafen, 2:1.
Stefans (8) Partie hatte kein für mich erkennbares historisches Vorbild. Man tischte vier Springer auf, nach und nach gingen die Figuren von Bord, bis schließlich nur noch Bauern und ungleichfarbige Läufer übrig blieben: remis, 2,5 :1,5. Es war Wolfgang (2), der das erste gegnerische Schiff versenkte. Sein Kontrahent bot zwar ein Remis an, doch um auf Kurs zu bleiben, brauchte es einen ganzen Punkt. Wolfgang gelang der Ausgleich: 2,5 : 2,5.
Mein Gegner (4) spielte ein Gambit, das nicht auf meiner sizilianischen Seekarte eingezeichnet war. Also raubte ich den Bauern und ahnte nichts Böses. Es kam auch nichts Böses. Im Mittelspiel beobachtete mein König einem halbherzigen Angriff, ein weiterer Zehlendorfer Bauer ertrank. Mein vorwitziges Queer-Ross gabelte noch einen Bauern auf - mit drei Meerbauern war das Endspiel schnell entschieden, 2,5 : 3,5.
Peter (2) sah lange überlegen aus, die Damen waren früh getauscht, der schwarze König irrte verwirrt im Zentrum herum, und die Qualität hatte er auch eingesackt. Dann eroberte unser Kapitän noch eine Figur, doch das erwies sich als verheerend. Wie zwei Schiffbrüchige trudelten Läufer und Ross in einer Ecke fern des Geschehens herum, der Zehlendorfer riss das Ruder noch herum, 3,5 : 3,5.
Bevor ich zu Helge (1) komme, noch ein paar Worte zu Dänemarks Seefahrt. Trotz gründlicher Recherche hab ich nichts Aufregendes finden können. Wenden wir uns deswegen Grönland zu, einem autonomen Bestandteil des Königreiches Dänemark. Das Wort Kajak kommt nämlich aus dem Grönländischen. Dieses Boot wurde schon sehr früh für die Jagd im Sommer benutzt. Im Gegensatz zum Umiaq, dem Frauen-Boot, war das wendige Kajak sehr schmal und genau dem Körper einer bestimmten Person angepasst. Auch heute noch werden Kajaks und Umiaqs in den entlegenen Regionen wie Qaanaaq, Ittoqqortoormiit und in den Dörfern bei Upernavik zur Jagd eingesetzt. Helges Jagd auf den feindlichen König sah zunächst vielversprechend aus, doch dann muss etwas passiert sein, was mir entgangen ist. Helge hatte zwei Bauern verloren, gegnerische Bauern eilten über das Brett, um sich als Damen zu verkleiden. Mit einem Turm, der wendig wie ein Kajak in Ittoqqortoormiit über das Brett paddelte, versuchte Helge, die Niederlage abzuwenden, aber nach großem Kampf musste er die Waffen strecken, mit 4,5 : 3,5 siegte der Zehlendorfer Nachwuchs.
Die Regenbogenflagge mit dem kleinen Piraten mit Augenklappe und Holzbein blieb im Seesack. Verloren mit dem knappsten aller möglichen Ergebnisse - wenigstens haben wir das Zehlendorfer Schulschiff ins Trudeln gebracht.
Sonja Beckmann
Spielberichte vom 1. Spieltag am 16.10.2005
Queer-Springer 1 - SC Eintracht Berlin
Endstand 5,0 : 3,0
Q1 scheut ... und überspringt doch die erste Hürde
Da hatte jeder sein Päckchen zu tragen: Tigran trägt seit August ein kleines hellblaues Päckchen - seinen Sohn Matteo. Peter S hatte einen Packen Arbeit in München. Frank war heiß. Erst nur auf Schach, dann am ganzen Körper. Er packte sich mit Grippe ins Bett. Ich musste befürchten, wir würden eine Packung bekommen. Denn auch Q2 hatte Besetzungsprobleme und nicht etwa einen Spieler-Überschuss ...
Wir gingen also in erste Erstklassenmatch mit nur sechs Leuten!
Relativ bald wurde klar, dass wir jedenfalls nicht "zu Null" verlieren würden, denn Wolfgang (5) und Björn (6) erreichten schon aus der Eröffnung heraus sehr schöne Stellungen.
Wolfgang war es dann auch vorbehalten, den ersten Erstklassenpunkt einzufahren: Nachdem er schon früh mittels eines Scheinopfers das Zentrum des Gegners demoliert und das Läuferpaar erhalten hatte, dominierte er nach Belieben. Sein Gegner spielte sehr (zu) verhalten, und schon bald konnte er die ersten Schwächen nicht mehr decken ... 1:2
Den Ausgleich stellte nach meiner Erinnerung Gerrit (8) her. Der wurde von seinem Gegner wild angegriffen. Obwohl es zwischenzeitlich bedrohlich aussah, schien Gerrit immer die Nerven zu behalten. Er pflegte seine Königsstellung ... und naschte zwischendurch von dem Material, dessen Verlust den Gegner offenbar wenig schmerzte. Irgendwann war der Angriff überstanden, Figuren wurden getauscht. Und nun empfand der Gegner scheinbar einen so starken Phantomschmerz in den zuvor geopferten Figuren, dass er die Partie nicht fortsetzen konnte. 2:2
Mein Gegner (2) erschien zwar verspätet, aber gut vorbereitet. Er spielte von leichter Hand eine relativ verwickelte Variante, einer Partie Adams-Lautier folgend, bis ich - in Unkenntnis der Theorie - abwich. Dann wurde es konkret: Ich schwächte meine Köngsstellung durch Abtausch meines Fianchetto-Läufers, aber dafür bekam ich die Initiative. Er versuchte nun, auf subtile Weise meinem König näher zu kommen, während ich mir zwei Bauern schmecken ließ. Es stellte sich heraus, dass mein König sicher im Amt war, während auf der anderen Seite schon bald Neuwahlen drohten. Das brutale Schlagen von Landvolk hatte sich wieder einmal als richtig herausgestellt. Trotz moralischer Entrüstung: 3:2
Aber dann Martin Z (7): Sein Eröffnungs-Tier war auf einen seiner natürlichen Feinde getroffen und sehr bald reif für die Tierklinik, zwischendurch auch mal für den Abdecker. Dann kam ein Handgemenge, und der Patient erholte sich blendend. Doch wo nun eigentlich eine technische Phase hätte folgen sollen (Verwertung von L+S+B gegen T), folgten offenbar weitere Tricks, in deren Folge Martin den schönen Unterstellplatz für seinen König (der etwas von einem Ruhesitz hatte - man hätte dort seine alten Tage verbringen können) und obendrein die Figurenkoordination verlor ... 3:3
Norbert (4) wäre eigentlich auch ein Fall fürs Bett gewesen, aber er quälte sich trotz Übelkeit heraus und ans Brett, um dem alten Gaul (Q I) wenigstens eine Chance einzuhauchen. Seine Partie legte er auf Angriff an. Ich sah zwar zwischendurch viele verwickelte Varianten und auch Chancen für den Gegner, aber echte Zweifel an Norberts Sieg hatte ich nie. (Einzige Ausnahme: Als er aschfahl mal eine Viertelstunde spazieren gehen musste ...) Er drohte hier, wehrte da Gegendrohungen ab, und am Ende setzte er doch matt! 4:3
Björn (6), der schon in der Eröffnung Zeit investiert und eine überlegene Stellung erhalten hatte, spielte nicht spekulativ auf Matt, sondern nahm seinen Vorteil einfach mit in ein gewonnenes Endspiel. Zwar schien seine Bedenkzeit knapp zu werden. Aber: Zu gut war seine Stellung, er führte sie problemlos zum Sieg und sicherte uns damit das 5:3. Solche Partien wünscht man sich immer, wenn es mal 4:3 (oder ähnlich) steht!
Der Q-Springer machte beim ersten Springen der neuen Saison mangels Personals einen etwas klapprigen Eindruck, aber es ist noch einmal gut gegangen! Unsere Neuzugänge haben sogleich ihre Qualitäten bewiesen und bei knappem Stand sicher den Mannschaftskampf nach Hause geholt. Feststehen dürfte aber: Es erwarten uns noch weitaus schwerere Gegner, gegen die wir wohl nur vollzählig gewinnen können.
Holger Franke
Queer-Springer 2 - Treptower SV 1949 3
Endstand 6,0 : 2,0
Auftakt
Ich muss gestehen, dass mir beim Gedanken an unsere erste Vorstellung im Rathaus nicht ganz wohl war: eine Menge starker Spieler auf den vorderen Plätzen war ausgefallen - Holger, Matthias und Karl konnten nicht, und es war nicht möglich, die Lücken ganz zu füllen: Mit einem leeren Brett würden wir in die neue Saison starten. Würde das gut gehen?
Nun, was leere Bretter anging, konnten wir schnell aufatmen: Unsere Gegner aus Treptow ließen gleich zwei Bretter frei (Karin am ersten und Ulrich am achten Brett waren leider umsonst gekommen) - also schon bei Spielbeginn gingen wir mit 2:1 an nicht gespielten Partien in Führung. Das hob mein Laune dann doch etwas, zumal meine Partie, wenn ich mit ihr beginnen darf, erst mal glänzend lief: Meinem englischen Aufbau setzte mein Gegner einen etwas lahmen Königsinder entgegen. Es gelang mir schnell, ein starkes Zentrum aufzubauen (von c4 bis f4 alle Bauern vorn - wann hat man das bei mir schon mal gesehen?). Ich hatte nicht nur einen bedeutenden Raumvorteil, mein Gegner blieb auch noch in der Entwicklung zurück - was sollte da noch schief gehen?
Die Spiele an den anderen Brettern dämpften meinen Optimismus aber dann doch etwas. Martin hatte sich mit Lc4 gegen einen klassischen Pirc aufgebaut - aber warum versperrte der schwarzfeldrige Läufer die e-Linie? Das schien mir nicht ganz zusammenzupassen. Dass dieser Läufer sich dann gegen einen Springer tauschte, verbesserte die Lage nicht unbedingt - Schwarz bekam das Läuferpaar, ohne irgendeine Schwäche als Kompensation aufzuweisen. Schließlich versuchte Martin ohne den besagten Läufer einen Königsangriff mit dem h-Bauern - viel zu leicht zu stoppen, wie kann das was bringen?
Auch Wanjas Partie schien mir nicht ganz so glücklich zu laufen. Zunächst gedrückt stehend, konnte er sich zwar befreien, doch drohte sein Gegner, im Zentrum durchzubrechen (starke d-Linie), während Wanja einen Angriff gegen den lang rochierten König nicht so recht in Gang zu bekommen schien. Beate hatte von Anfang an eine starke Druckstellung aufgebaut - ließ sich dann aber dazu verleiten, mit einem Turm (via Te1-e4-g4) einen direkten Königsangriff zu starten. Doch war das nicht zu riskant? War der Turm nicht viel zu anfällig für bissige Attacken vorpreschender Leichtfiguren? In der Tat - schon hoppelte ein Springer heran und bedrohte den behäbigen Turm beträchtlich…
Joachim schließlich hatte eine (soweit ich das sehen konnte) Bird-Eröffnung mit einem Nilpferd beantwortet. Und meiner Meinung stand er nach kurzer Zeit (allerdings Zeit nach Zügen: 12 Stück; in Minuten war es nicht ganz so kurz: etwa 120) wirklich schön: Mehr Platz im Zentrum, ein starker Springer auf f5; und mit …Lb7 hätte man schon einen langen Läufer gegen den weißen König in Anschlag bringen können. Kam aber nicht. Statt dessen tauschte Joachim die Dame ab, was ihm meines Erachtens einige Angriffsmöglichkeiten vergab und zudem den schönen Springer schlechter stellte.
Mit etwas gedämpfter Stimmung kehrte ich zu meiner prachtvollen Stellung zurück, um sie zielstrebig und mit wenigen, kraftvollen Zügen - völlig zu ruinieren. Ca. 30 Minuten habe ich an einer kleinen, eher überschaubaren Kombination gerechnet, die mir aber dann doch zu riskant erschien. So ließ ich sie denn fallen, um einen "sicheren" Zug auszuführen - der fast eine Figur eingestellt hätte. Mit etwas Stellungsglück kam ich zwar dann doch noch glücklich in einem halbwegs ausgeglichenen Endspiel an - aber in Zeitnot habe ich mich dann schließlich um Kopf und Kragen gespielt. Wenig tröstlich, dass Fritz für die ausgelassene "Kombi" sofort drei Bauernpunkte gutschreibt.
Und an den anderen Brettern, an denen ich viel Schwarzes gesehen habe, auch bei weißen Figuren? In meiner Zeitnot habe ich keine Einzelheiten mehr mitbekommen, aber die Ergebnisse sprechen für sich: Martin hatte seinen h-Linienangriff doch mit Erfolg vorgetragen. Zwischendurch entstand ein etwas unübersichtliches Getümmel, aber der Punkt ging sicher an uns. Bei Wanja gab es zwischendurch einen Figurengewinn zu sehen. Zwar bekam sein Gegner zwei Bauern für einen Springer (!), aber Wanja hat den Deckel zugemacht. Beates Turm erhielt mächtige Unterstützung von der eigenen Kavallerie, im Verein haben sie den Gegner schlicht überrannt. Joachims Abwicklung konnte ich nicht mehr beobachten, aber auch dieser Punkt ging an uns, zum sauberen Endstand von 6:2. Merke: Wer bei anderen schwarz sieht, sollte erst mal selber sein Brett zusammenhalten, ansonsten haben wir ein glänzendes Ergebnis hingelegt - "ohne drei", und das gegen eine der stärkeren Mannschaften im Feld. Besser konnte es (fast) nicht laufen.
Martin Groß
Queer-Springer 3 - SC Freibauer Schöneberg 2
Endstand 3,5 : 4,5
Q3 verliert Lokalderby
AC Milan gegen Inter, Athlético gegen Real Madrid, Bayern München gegen 1860, Freibauer Schöneberg gegen Queer-Springer - Lokalderbys haben ihren ganz eigenen Reiz: Emotionen sind im Spiel, aufgepeitschte Fans, Karten werden zu hohen Preisen bei einschlägigen Auktionshäusern gehandelt.
Nun, beim ersten Match zwischen den Schöneberger Schachkontrahenten war der Rahmen noch nicht so wild, die Partien hingegen waren schon ein wenig dramatisch.
Weil es so schön ist, hier der auswertende O-Ton unseres Mannschaftsleiters PeterM: "Als Mannschaft haben wir 3,5 : 4,5 verloren. Unnötig, trotz der einen kampflosen Null für uns, denn Micha hat sich in klarer Gewinnstellung schlicht matt setzen lassen! Erich hat als erster eine richtige Null in den Spielbericht eingetragen. Die Partie habe ich nicht gesehen, weiß also nicht, ob's ein Patzer oder halt ein zu starker Gegner war. Sonja hatte auch wahrlich nicht ihren besten Sonntag erwischt und sich mit souveräner Unentschlossenheit eine Null geholt. Ludwig einigte sich nach längerem Spiel mit seinem Gegner aufs Remis. Hm, na ja, bei ausgeglichener Bauernstruktur waren es die ungleichfarbigen Läufer, die beide Parteien zum Remis ermunterten. Gratulation aber an Crit und Stefan zu ihren Siegen! Und ich selbst habe auch noch eine Eins für den Spielbericht geliefert. Die ich zum Schluss beinahe doch noch weg gegeben hätte ..."
Vielleicht noch am Schluss ein paar ergänzende Worte von mir: Ich staunte nämlich, jedes Mal, wenn ich am Brett von Michael vorbeikam, hatte er ein Bäuerchen mehr vertilgt. Bloß ist er anscheinend durch und durch Demokrat und überließ seinem Kontrahenten den alternen König.
Crit hingegen hatte sich gleich in der Eröffnung ein gegnerisches Ross geschnappt, diesen Vorteil in aller (zumindest äußerlichen) Ruhe vergrößert und souverän gewonnen.
Peter führte mir am Abend stolz seine Partie vor, zwischendurch allerdings irritiert durch einen Einwurf Wolfgang Brünings, der katalanisches Blut in Peters Eröffnung erblickte. Peter dementierte derartige Theoriekenntnisse, vielleicht hat er eher ein katalanisches Herz? Jedenfalls spielte unser Matador mit viel Herzblut und der Prämisse "Initiative um jeden Preis". Peter baute sich ein hübsches Zentrum, kontrollierte die Partie und vollendete mit elegantem Figurenspiel, das einer Katalanischen Hofreitschule würdig gewesen wäre.
Schließlich stand es 3,5:3,5, meine leidige Partie lief noch. Anstatt zügig in die Offensive zu gehen, ließ ich mich auf alberne, aber immerhin aufregende Fesselspielchen ein und vergeigte. Und so war das ganze Match leider verloren.
Peter Schmeißer und Sonja Beckmann